Von der Wichtigkeit der Wertschätzung…

verfasst von hannover@dbbl.de

Hier kommt ein Interna der TKH- Mannschaft. Etwas, das eigentlich nicht nach außen drängen sollte. Aber nun denn… (wo kämen wir denn hin, wenn Zensur unsere Arbeit beeinflussen würde…) Hannah Brown sollte eigentlich nicht wiederkommen. Schon in der Weihnachtspause 2019/2020 wurde diskutiert, ob sie den Rückflug nach Deutschland überhaupt nehmen soll oder lieber aus der Heimat heraus nach einem neuen Team Ausschau halten sollte. Grund war die A-Ausländer Regelung, die sie zu einem „Vierten-Rad“ machte, in einem Gefüge der DBBL, das immer nur drei Spielerinnen ohne EU-Passport auf dem Spielbogen erlaubt. Sie war damit nicht nur auf die Bank verdonnert, sondern gänzlich zum Aussetzen ganzer Spiele. Dennoch war es damals ihr ausdrücklicher Wunsch zurück zu kommen. Sie wollte nicht einfach aufgeben, hoffte auf ihre Chance sich durch Trainingsfleiß vielleicht doch noch die Gunst der Trainerin zu erarbeiten. Doch die nüchterne Wahrheit lautet: Nada. Sie schaffte es nicht. Zwar spielte sie in der Rückrunde einige wenige Spiele, teilweise sogar mit exzellenten Leistungen, doch waren ihre Einsätze meist „Notdienste“ für verletzte Mitspielerinnen. 

Warum dieser langatmige Vorlauf? Sollte hier nicht eigentlich der Spielbericht der Turnschwestern zum aktuellen Punktspiel gegen die GiroLive Panthers aus Osnabrück stehen? Ganz genau, Sherlock! Der kleine Throwback war nötig um die Ereignisse rund um den 92:79 Sieg richtig einzuordnen. 

Wie die aufmerksamen Leser*innen bereits wissen, gab es zur Saison 2020/2021 einen Trainerinnenwechsel bei den Turnschwestern. Nun ist Juliane Höhne am Ruder und sie gilt im deutschen Basketballbusiness nicht gerade als warmherzige Trainerin. Sie ist weder der Buddy-Typ noch die Spieler-Muddi. Sich selbst hat sie im Ballers-Lounge Podcast eher als der „Bad-Cop“ bezeichnet. Wie so viele Basketballerinnen aus ihrer Heimat Halle kommt sie eher schroff daher (no offense!). So gab es auch nicht viele lobende Worte, die sie für ihre Mannschaft nach der Auftaktniederlage gegen Göttingen fand. Das mag einige verwundert haben, vielleicht sogar abgeschreckt. Kein Rückhalt durch die Trainerin? Kein Verständnis für Startschwierigkeiten? Ruckelte es schon so früh in der Saison im Spielerinnen-Trainerin-Getriebe? Die Antwort gab Höhne nun dort wo es zählt: auf dem Platz. 

Im oben genannten Podcast Interview beschreibt sie nämlich auch den Grundpfeiler ihrer Trainerkompetenz: Arbeite mit dem was du hast. Konzentriere dich auf die Stärken deiner Spielerinnen, passe die Taktik auf dein Material an, nicht andersrum.

Kommen wir jetzt endlich zum Spiel gegen Osnabrück. Die Vorzeichen waren alles andere als gut. Osnabrück hat sich im Sommer mit Freiburgs-MVP Sam Fuehring verstärkt, hält zudem die derzeit beste deutsche Aufbauspielerin Jenny Strozyk in seinen Reihen und kam mit Rückenwind vom Auswärtssieg in Keltern nach Hannover. 

Der Start des Spiels verhieß ebenfalls nichts gutes. In den ersten Minuten kam es zu mehr Steals und Turnovern als Punkten. Osnabrück ging in Führung. Natürlich unter der Leitung von Fuehring und Strozyk. Die Osnabrückerinnen gaben ein Tempo vor, dass kaum eine Turnschwester mithalten konnte. 

Doch Mitte des zweiten Viertels wendete sich das Blatt. Und zwar durch Hannah Brown. Gepushed durch die bedingungslose Wertschätzung ihrer Trainerin, die sie nicht nur in die Starting Five beorderte, sondern ganze Spielzüge auf sie ausrichtete. Stärken betonen! Und die liegen bei Brown nunmal nicht im Tempo. Stattdessen veränderte Höhne das Pick-and-Roll Spiel, bei sich Brown in der Zone durchwurschteln müsste, zu einem Pick-and-Popp Spiel, um freie Distanzwürfe für Brown zu kreieren. Und das gelang. Ein ums andere Mal kam Brown zum Abschluss und wurde so Topscorerin des Spiels. Sie erspielte zunächst die noch wechselnde Führung heraus, bevor sich das Team im dritten Viertel entscheidend absetzen konnte. Sinnbildlich für den Support, den Brown durch ihre Trainerin erhält war der Buzzerbeater zum Abschluss des dritten Viertels. Es waren nur noch wenige Sekunden auf der Uhr, Einwurf TKH, Auszeit. Alle erwarten einen Spielzug, der darauf ausgerichtet ist, dass Sasha Tarasava den Ball zum entscheidenen Wurf erhält. Doch Fehlanzeige. Das Play läuft für Hannah. Es gehört zur Storyline, dass sie den Wurf trifft und Hannover mit Euphorie ins Schlussviertel schießt.

Am Ende kommt sie auf 21 Punkte und strahlt im Spieltagsinterview vor Freude. So sieht Wertschätzung aus. Doch nicht nur Brown erscheint bei Höhne in neuem Glanz. Mia Masic hatte am Samstag ihren ersten Einsatz für die Hannoveranerinnen. Die Kroatin spielt zwar für ihre Nationalmannschaft, aber hat sich bisher weder in Europa noch in Deutschland groß einen Namen gemacht. Die Verpflichtung geht auf Höhnes Konto. Konnte aber sowohl nach vorne als auch nach hinten losgehen. Masic ist ein unbeschriebenes Blatt. Man muss es ehrlich sagen – in ihren ersten Spielminuten ließ sie nicht gerade die Sterne scheinen. Sie vermurkste ihren ersten Wurf, sah in der Defense teilweise planlos aus und ihre Mitspielerinnen hatten sie auch noch nicht so recht auf dem Schirm. Höhne hätte Grund genug gehabt, sie nochmal für den Rest des Spiels auf der Bank zu lassen. Mehr Trainingseinheiten, mehr Zugehörigkeit und dann vielleicht nochmal im nächsten Punktspiel reinschmeißen. Aber nein. Im dritten Viertel als der Vorsprung kurzzeitig unter die zweistellige Marke fiel, kam Masic erneut aufs Feld. Nun folgte eine richtige Showeinlage. Steal hinten – and One vorne. Ball in die Ellenbeuge klemmen und Körpertäuschung inklusive. Das kann nur wer Selbstvertrauen hat. Und die hat Masic anscheinend hinterhergeschickt bekommen bei ihrer Einwechslung. Zusammen mit dem Klapps in den Rücken von Coach Höhne. 

Erwähnenswert ist hier auch die Leistung von Aufbauspielerin Stavroulla Koniali. In der ersten Hälfte trug sie noch wenig zu einem geregelten Aufbauspiel bei. Es war eher eine gut aufgelegte Gardner, die sich diesmal aufs Teamplay statt auf Einzelaktionen fokussierte und so die Fäden in der Hand hielt. Koniali verlor diese Fäden jedesmal, wenn sie Gardner ersetzen sollte. Erstaunlich war es schon, dass die Zyprin erneut randurfte. Aber ganz nach dem Motto „wer trifft hat Recht“, zahlte sie den Vertrauensvorschuss bar zurück. Zwei wichtige Dreier und eine 100%ige Freiwurfquote gingen im vierten Viertel auf ihr Konto. Doch nicht nur Zählbares brachte sie aufs Feld, was vor allen Dingen auffiel war ihr Spielmodus: Geniali Koniali. Hervorragende Courtvision und zielführende Pässe tauchen in der Statistik zwar nicht auf, stechen dem Zuschauer aber auch am pixeligen Endgerät ins Auge. 

Zum Schluss dieser kleinen Geschichte gehört auch jemand, dessen Wertschätzung vielleicht abgenommen hat, seit dem Trainerinnenwechsel: Sasha Tarasava. Sie muss merklich zurückstecken was Spielzeit und Verantwortung angeht. Aber auch das geht klar. Wenn Tarasava einen schlechten Tag hat und trotzdem 12 Punkte aufs Papier bringt, das Team einen unerwartet souveränen Sieg einfährt, dann ist das so. Eine so erfahrene Spielerin braucht die Wertschätzung nicht mehr in der Form um ihre Leistung abzurufen. 

Wohl dosiert wirkt das Ganze bei Coach Höhne. 

Nun aber genug der Lobhudelei. Wir freuen uns über die Superleistung der Turnschwestern und gehen ganz beseelt in die Natio-Pause. Danach auch wieder mit den gewohnt kurzen, knackigen Artikeln, die nicht durch den Weichspüler getaucht wurden.

Bis dahin genießen wir das Wochenbett eines neugeborenen Sieges und verbleiben mit dem obligatorischen 

Let´s Go TKH!!!