Ein Drama mit Happy End

Die Bank sprang schon auf und rannte aufs Feld, um zu Brianna Rollerson zu stürmen, die den Ball in ihren Händen hatte. Die Sirene war ertönt, der TKH führte gegen Alba Berlin mit 68:67. Sieg. Doch Trainerin Sidney Parsons pfiff ihre Spielerinnen zurück und belegte sie mit einem ermahnenden Blick. Denn die Schiedsrichter hatten noch ein Foul an Rollerson gesehen. Die Uhr wurde auf 0,8 Sekunden korrigiert. Rollerson musste noch an die Linie – und legte beide Würfe daneben. Den letzten vielleicht sogar mit Absicht, denn so lief die Uhr direkt weiter, Alba hatte keine Chance mehr für einen Angriff, der Verzweiflungswurf landete im Nirgendwo. Mit mehreren Minuten Verspätung durften die TKH-Luchse und ihre Fans im vollbesetzten Birkendome endlich die Arme hochreißen. Der Jubel fiel eine Runde weniger emotional aus als der erste. Geschenkt. Die Basketballerinnen aus Hannover hatten den ersten Saisonsieg im Sack.

Nach den Auftaktpleiten gegen Meister Keltern und Nördlingen „war es so wichtig, den Sieg zu holen. Egal wie“, atmete Parsons auf, die 40 Minuten an der Seitenlinie ihr Team ununterbrochen korrigiert und motiviert hatte. Dabei hätten es ihre Luchse gar nicht so spannend machen müsste. Am Ende konnten sich alle bei Finja Schaake bedanken, die mit ihren 19 Punkten die entscheidende Spielerin war. „Sie hat so ein wichtiges Spiel gemacht, hat keine Angst gehabt und uns gerettet“, lobte Parsons. „Ein sauwichtiger Sieg. Und schön, dass ich so eine wichtige Rolle für das Team spielen konnte“, sagte die erfahrene Schaake bescheiden. „Wir hatten einen schlechten Start, uns fehlte das Selbstvertrauen.“

Nach dem 7:2 brach gleich eine ähnliche Totalflaute an wie schon beim letzten Spiel gegen Nördlingen, als Hannover in acht Minuten keinen Korb erzielte und die Gastgeberinnen mit einem 22:0-Lauf noch das Spiel drehten. Diesmal waren es sechs Minuten ohne einen Treffer. Berlin konnte mit einem 11:0-Lauf auf 7:13 stellen. Parsons schrie sich in der Auszeit ihre lodernde Basketball-Seele aus dem Leib. Doch die Wutrede zeigte noch keine Wirkung. India Farcy löste zwar den Punktestau (9:13), der Vizemeister musste aber erst 9:17 hinten liegen, ehe sich der Trend wendete.

Von der Dreierlinie klappte zunächst nichts, dazu reihte sich ein Fehlpass an den anderen. Mit einem kleinen Lauf gegen Ende des ersten Viertels verkürzten die Luchse aber auf 14:18. Das gab Aufwind.

Im zweiten Durchgang besserte sich die Lage. Hatte Berlin schon vorher nur mäßig getroffen, versemmelten die Gäste jetzt fast alles. Die Luchse erinnerten sich hingegen, wo der Korb hängt. Sarah Polleros erzielte den ersten Dreier zum 17:18. Taylor holte die Führung zurück (21:20). Mit Kampf und neuem Selbstvertrauen bauten die Luchse nach und nach den Vorsprung aus. Als Schaake praktisch mit der Halbzeitsirene einen Dreier zum 33:26 versenkte, explodierte die Stimmung im Birkendome – und Parsons schenkte der Schützin eine spontane Umarmung.

Nach dem Wechsel hielten die Luchse das Level hoch und setzten sich sogar auf elf Punkte ab (47:36). Schaake hatte mit zwei weiteren Dreipunktewürfen großen Anteil daran. Alba ließ sich aber nicht abschütteln. Zwei Dreier von Rowie Jongeling sorgten für ein kleines Polster (59:48), aber aufgrund erneuter Nachlässigkeiten war Alba mit einem 13:0-Lauf fünf Minuten vor dem Ende plötzlich wieder vorn (59:61). Als Taylor einen Freiwurf auf den Ring setzte, kurz darauf nach einem Steal auch noch einen freien Korbleger daneben warf, richteten sich die Fans schon auf die nächste knappe Niederlage ein. Doch Rollerson stellte auf 68:67 und klaute dann Alba im letzten Angriff den Ball.

TKH-Punkte: Schaake 19, Rollerson 12, Jongeling 11, Stockton 7, Polleros 7, Taylor 6, Farcy 4, Gustafsson 2

Bericht: Simon Lange (HAZ/NP)