Interview mit Sterne-Chef Dirk Steidl

Sehr geehrte Fans der Rutronik Stars Keltern und des Frauen-Basketball. Mein Name ist Klaus Floren alias Catch. Bei den Rutronik Stars bin ich der Kommentator im Live-Stream und einige kennen mich auch durch verschiedene persönliche Interviews in unseren Streams. Derzeit gibt es viele Fragen rund um die Rutronik Stars, die ich aufgrund der in der Sommerpause fehlenden Technik, leider nur schriftlich an unseren Vereinschef, Dirk Steidl, richten konnte. Viel Spaß beim Lesen des nachfolgenden Interviews wünscht Euch Catch

 Hallo Dirk, die erste und wichtigste Frage: Wie geht es Dir derzeit gesundheitlich nach der schweren Zeit zu Beginn des Jahres?

Hallo Catch, mir geht es aktuell wieder besser, denke ich bin wieder bei ca. 90%.

Wie schwer war diese Zeit für Dich?

Sehr schwer. Du fährst am Silvesterabend ins Krankenhaus zu einer für mich harmlosen Abklärung einer Wunde am Knie und 3 Stunden später musst Du Dich einer Notoperation unterziehen. Eine weitere folgte nur wenige Tage später. Am 10. Januar folgte die dritte OP mit einer Hauttransplantation. Ein sehr schwieriger Eingriff, der für mich 3 Wochen absolute Bettruhe bedeutete. Danach musste ich zuerst wieder laufen lernen. Es war sehr beschwerlich und ein weiter Weg zurück in die Normalität.

In dieser Saison wollten wir den Titel verteidigen, sind aber in Spiel 5 an ALBA gescheitert. Hast Du dies bereits verarbeitet?

Ja klar, ich bin 30 Jahre im Sport und mir ist bewusst, dass man nicht alle Spiele gewinnen kann. Wir hatten die schwerste Saison seit wir in der ersten Liga spielen. Drei sehr schwere Verletzungen (Arthur, Zivaljevic und Malashenko) dazu wochenlange Ausfälle von Tavic, Wilke und Cooper. Es war alles andere als einfach. Am Ende hatten wir dennoch die Chance unseren Titel zu verteidigen, verschenkten diesen aber nach deutlicher Führung zu Hause in Spiel 3. Am Ende fehlten die Kräfte gegen ein toll aufspielendes ALBA-Team, die deshalb auch verdient ihre erste Meisterschaft feiern konnten.

Es wurde bekannt, dass ein eventueller Rückzug aus der DBBL im Raum stand. Was kannst Du dazu sagen?

Ja, das ist richtig. Ich habe mich nach der Saison mit Team-Manager Dag Schiffer zusammengesetzt und die Situation besprochen. Wir haben lange nachgedacht und uns kurz vor unserer eigenen Deadline dazu verständigt weiterzumachen.

Warum war dies überhaupt eine Frage?

Dies hatte vor allem damit zu tun, ob wir uns den ganzen Stress neben unserer täglichen Arbeit noch antun wollen. Damenbasketball ist sehr schwierig zu refinanzieren und lebt von persönlichem Enthusiasmus sowie (sehr viel ehrenamtlichem) Engagement der uns zur Verfügung stehenden Helpers. Zudem gehen meiner Meinung nach die nun gewollten Standards in der Liga teilweise in die völlig falsche Richtung.

Wie meinst Du das?

Es gibt bei uns Vereine, die denken, dass man einfach die Entwicklung des Männerbasketballs 1:1 auf die DBBL kopieren kann. Diese Meinung teile ich nach 10 Jahren in der 1. DBBL nicht. Seit Jahren vertrete ich die Meinung, dass es nur besser werden kann, wenn die einzelnen Stärken aller Teams genutzt werden. Mit den hohen Standards für Alle werden kleinere Teams vor Herausforderungen gestellt, welche diese auf Dauer nicht umsetzen können. Man kann Berlin nicht mit Keltern vergleichen – das sollte jedem verständlich sein.

 Was meinst Du damit konkret?

In den letzten Wochen musste man in den Medien lesen, dass 3 Vereine der DBBL um das wirtschaftliche Überleben kämpften. Dies sind immerhin 25% der DBBL. Und außer Heidelberg hat sich kein anderer Verein für die 1. DBBL interessiert. Wir benötigen sinnvolle Standards und nicht welche die völlig an der Realität vorbeigehen. Warum soll ein gut geführter Verein einen hauptamtlichen Geschäftsführer für 40 bis 70.000 Euro einstellen müssen? Damit wird dem Team wichtiges Budget entzogen. So etwas werde ich nie verstehen. So etwas hilft der Liga nicht, es schwächt nur weiter die Competition innerhalb der Liga.

Können wir in Keltern die geforderten Standards erfüllen?

Ich denke schon. Bis auf die wahnwitzige Erhöhung der Hallenkapazität ab dem Jahr 2029. Jedem sollte klar sein, dass Keltern und auch andere Standorte nicht so einfach eine neue Halle bauen können. Und schon gar nicht für den Damen-Basketball.

Was ist Deine Meinung zu der sogenannten Deutschenquote?

Ich sehe dies grundsätzlich sehr positiv. Alle DBBL-Vereine wünschen sich eine hohe Anzahl von deutschen Spielerinnen. Leider haben die kleineren Standorte in der DBBL ein sehr großes Problem, leistungsbereite deutsche Spielerinnen zu bekommen. Wir haben zum Beispiel in den letzten Monaten alles versucht eine dritte deutsche Spielerin zu bekommen, waren aber bisher auf dem Markt ohne jede Chance.

Wie muss ich das verstehen?

Diese Frage könnte ich zwar beantworten, möchte dies aber nicht tun.

Was passiert, wenn ein Verein aus irgendwelchen Gründen die Deutschenquote nicht erfüllen kann?

Auch dies kann ich Dir nicht sagen, da ich und auch einige andere Vereine bisher keinerlei konkrete Informationen haben. Ich wurde von ALBA aus dieser Diskussion ausgeschlossen, obwohl ich vom AR-Vorsitzenden der DBBL in unserer letzten Sitzung ausdrücklich dazu eingeladen wurde.

Wie kann so etwas passieren?Dies ist eine sehr gute Frage. Wahrscheinlich bin ich in dieser Frage kein angenehmer Gesprächspartner und wurde deshalb zur Persona non grata gemacht. So etwas ist unklug, wenn man eine Regelung einführen möchte, die wie wir alle wissen rechtlich nicht haltbar ist. Da sollten schon alle mitgenommen werden. Nur so kann man etwas sinnvolles erreichen.

Vor einigen Wochen veröffentlichte die DBBL eine Presseerklärung, die über finanzielle Probleme der Rutronik Stars sowie eine 10.000 Euro Geldstrafe des Lizenzligaausschusses berichtete. Kannst Du uns dies erklären?

Hier kann ich Dich in allen Punkten beruhigen. Die Rutronik Stars und auch der Trägerverein FC Nöttingen waren zu keiner Zeit in finanziellen Schwierigkeiten. In der durchgeführten Nachlizenzierung wurde die ursprüngliche Lizenzerteilung für die Saison 2023-2024 bestätigt. Auch die Lizenz für die Saison 2024-2025 erhielten die Rutronik Stars mit nur einer Auflage, welche erst zum 30.06.2027 relevant wird – also in 3 Jahren. Die gegen uns ausgesprochene Strafe wurde im Widerspruchsverfahren zurückgenommen. Mehr will ich dazu nicht mehr sagen.

Die DBBL erwähnt eine bilanzielle Überschuldung. Kannst Du dies erklären?

In einer Bilanz werden das Vermögen sowie die Verbindlichkeiten eines Unternehmens (Verein) dargestellt. Sind die Verbindlichkeiten höher, handelt es sich um eine bilanzielle Überschuldung. Entscheidend zur Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind jedoch nicht die in der Bilanz erfassten Buchwerte, sondern die tatsächlichen Werte. Diese Differenz wird in der Fachsprache als „Stille Reserven“ bezeichnet. Bei unserem Verein sprechen wir hier von stillen Reserven in Millionenhöhe. Deshalb ist für mich die Wortwahl der Presseerklärung der DBBL bis heute ein absolutes Rätsel.

Was bleibt da zurück?

Überhaupt nichts. Wir haben uns ausgesprochen und vereinbart in der Zukunft besser miteinander und vor allem rechtzeitig zu kommunizieren. Wie sang schon einmal Jürgen Marcus: „Was einmal war ist vorbei, vergessen und zählt nicht mehr“. Wir schauen nach vorne und freuen uns bereits heute auf die kommende Saison.

OK, schauen wir nach vorne. Wie sind unsere Ziele für die kommende Saison?

Wir werden auch in der kommenden Saison versuchen den neuen Platzhirschen aus Halle und Berlin Paroli zu bieten. Trotz eines um ca. 50.000 Euro reduziertem Budget hat es unser neues Trainerteam geschafft, eine sehr interessante junge und willige Mannschaft zu bilden.

Dirk, was hat Euch bewogen, im Zuge der aktuellen Situation wieder für den EuroCup zu melden?

Irgendwie gehört der EuroCup zu unserer DNA. Auch wenn wir in der Vergangenheit international nicht sonderlich erfolgreich waren, hatten Staff und Team wunderbare Erlebnisse und Eindrücke gewonnen, welche wir auch zukünftig nicht missen möchten.

Steht das Team? Gibt es schon Namen?

Derzeit haben wir 10 Spielerinnen unter Vertrag. Gesucht wird noch eine weitere deutsche Spielerin. Ob es klappt, ist derzeit sehr fraglich. Den vollständigen Kader werden wir in den kommenden Tagen veröffentlichen

Team-Captain Alexandra Wilke wurde für Olympia nominiert. Macht Dich dies stolz?

Sehr, denn ich begleite Alex sehr eng und wusste wie hoch der Druck bei ihr und den anderen Nationalspielerinnen in den letzten Wochen war. Ich durfte es als einer der ersten erfahren und war wirklich sehr stolz. Alex hat in Keltern in den letzten 2 Jahren sehr hart gearbeitet und beim täglichen Training mit vielen sehr guten Spielerinnen eine tolle Entwicklung sportlich und persönlich gemacht. Ein wenig Tränen hatte ich in den Augen, als Sie sich bei mir für die Unterstützung in den letzten beiden Jahren mit folgenden Worten bedankte: „Ohne Euch hätte ich das nicht geschafft“

Bist Du bei den Olympischen Spielen vor Ort?

Geplant ist es nicht, doch mittlerweile haben wir neben Alex mit Mina Dordevic und Nevena Rosic zwei weitere Spielerinnen bei Olympia. Zudem ist unsere neue Assistenztrainerin Jelena Antic bei der serbischen Nationalmannschaft in gleicher Funktion und deshalb ebenfalls bei Olympia. Ich habe beim serbischen Team eine Ticketanfrage platziert. So kann es gut sein, dass ich kurzfristig mit meiner Frau vor Ort sein werde.

Vielen Dank Dirk für das Interview. Das nächste wird mit Sicherheit folgen. Unseren Nationalteams bei Olympia wünsche ich größtmöglichen Erfolg sowie Dir und allen Basketballfans wünsche ich einen tollen Sommer bis es in der DBBL wieder los geht. Es grüßt Catch