Letztes Finale für Pakulat und Sievers

Durch den 72:54-Sieg gegen Bochum ziehen die Hurricanes ins Endspiel ein. Kurz nach dem Spielende verkünden die beiden Routiniers ihren Ausstieg.

Scheeßel – Das Emotionsbarometer schlug aus, mehrfach und heftig – zunächst, als die Basketballerinnen der Avides Hurricanes im Do-or-die-Halbfinale der Play-offs die Astroladies des VfL Bochum vor rund 330 Zuschauern in Scheeßel souverän mit 72:54 (46:21) abgefertigt hatten, dann, als Pia Mankertz zum Mikrofon griff. Für manch einen in der Halle überraschend, verabschiedete die Kapitänin die langgedienten Stammkräfte Hannah Pakulat (29) und Andrea Sievers (28). Beide beenden ihre Karriere. Für sie wird das Endspiel um die deutsche Zweitliga-Meisterschaft am kommenden Samstag in Rotenburg also zum finalen Auftritt.

Hannah Pakulat wird wohl mit einem blauen Auge ins Finale gehen – ein Andenken aus dem Spiel gegen Bochum, weshalb sie die zweite Hälfte auch nur noch mit einem Kühlkissen von der Bank aus verfolgte. „Hand, Finger, irgendwas“ von Bochums Kanadierin Keylyn Filewich hatte sich unbeabsichtigt in ihrem Auge verirrt. „Ich konnte gar nichts sehen und habe es erst nicht aufgekriegt“, schilderte Pakulat den bangen Moment 14 Sekunden vor der Pause, in die die Hurricanes dank eines Steals von Andrea Sievers mit einer stattlichen 46:21-Führung gingen.

Wie wichtig die Begegnung beiden Teams war, zeigte sich von Beginn an, denn es ging nicht gerade zimperlich zur Sache. Bochum versuchte, mit Tempo und schnellen Abschlüssen von außen zum Erfolg zu kommen, was jedoch selten zum Erfolg führte. Immer wieder gelang den Hurricanes der Ballgewinn. Zudem verriet Coach Christian Greve eine spontane, aber erfolgreiche Änderung: „Wir haben mit einer Zonenpresse angefangen, um ihren Rhythmus zu brechen. Das hat so gut funktioniert, dass wir es die ganze Zeit gespielt haben. Wir hatten das erst eine Viertelstunde vor Ende des Abschlusstrainings besprochen und nicht groß geübt.“ Deshalb nahm Greve auch nach knapp zwei Minuten eine Auszeit, um lautstark nachzujustieren – dann rauschten die Hurricanes bis zur Halbzeit unaufhaltsam davon.

„Wir waren sehr fokussiert. Die Niederlage am Mittwoch in Bochum hat uns nicht runtergerissen. Die Warnung haben wir verinnerlicht“, stellte Greve fest. Sein Team war im dritten und vierten Viertel zwar nicht mehr dominant, lief aber nie Gefahr, das Spiel noch herzuschenken. „Der Vorsprung war schon zu hoch“, meinte auch der Hurricanes-Coach. Beachtlich auch: Bochums Centerin Filewich kam erst in der 34. Minute zu ihren ersten und einzigen zwei Punkten. Sie holte zwar elf Rebounds, war im direkten Duell Shannon Ryan jedoch klar unterlegen. Der Hurricanes-Profi steuerte neben 14 Punkten überragende 26 Rebounds bei. „Shannon war ready“, fand Greve. Was aber für sein gesamtes Team galt. Mit Ryan, Leonie Rosemeyer (16 Punkte), Anna Suckstorff (13) und Andrea Sievers (11) punkteten gleich vier Spielerinnen zweistellig. Eine 15:7-Bilanz bei den Steals und ein Übergewicht in allen anderen wichtigen Kategorien dokumentieren den deutlichen Sieg. „Es ist gerechtfertigt, dass wir ins Finale eingezogen sind“, betonte Greve deshalb auch.

Im Hinblick auf die neue Saison wird er sich aber schon mal mit wesentlichen Veränderungen auseinandersetzen müssen, denn mit Pakulat und Sievers werden zwei tragende Säulen der vergangenen Jahre fehlen. „Ich hab‘s mir bei Andrea schon lange gedacht. Vor zwei, drei Wochen hat sie es dann dem Team mitgeteilt“, berichtete der Coach. Hannah Pakulat hatte ihren Entschluss sogar schon deutlich früher getroffen: „Ich habe vor der Saison Christian gesagt, dass es meine letzte ist. Im Laufe der Saison hat er gemerkt, dass ich es ernst meine“, erzählte sie nach dem Spiel und ergänzte: „Es ist schön, wenn man mit einer Medaille aufhören kann.“ Silber wird es mindestens, Gold ist möglich.

Bei Andrea Sievers flossen bei der Verabschiedung durch Pia Mankertz unübersehbar die Tränen, während sie Arm in Arm mit Pakulat den Worten und dem vorgetragenen Gedicht der Kapitänin lauschte: „Ob Bronzemedaille oder Aufstieg – mit euch gelang so mancher Sieg“, reimte Mankertz. „Ich glaube, ich kann für uns beide sagen: Es fällt uns unglaublich schwer“, gestand Sievers, die vor 24 Jahren angefangen hatte. „Dieser Verein wird immer in meinem Herzen bleiben.“ Pakulat, die in der fünften Klasse über Christoph Treblin dazu stieß, ergänzte noch: „Der Basketball hat mir so viel gegeben. Es ist einfach so toll gewesen, die ganzen Jahre. Es wird extrem wehtun aufzuhören, es tut jetzt schon weh, aber es ist der richtige Schritt zum richtigen Moment.“

(Freese, Rotenburger Kreiszeitung)