Das Pharmaserv-Team um Trainer Patrick Unger hat den sportlichen Klassenerhalt nicht geschafft. Foto: Stefan Tschersich

BC Pharmaserv Marburg verliert bei Eisvögel USC Freiburg und verpasst Klassenerhalt

Enttäuschung, Leere, Traurigkeit

Toyota 1. Damen Basketball Bundesliga,
Eisvögel USC Freiburg – BC Pharmaserv Marburg 81:79 (38:38).

Der BC Pharmaserv Marburg hat den sportlichen Klassenerhalt in der 1. Liga verpasst. Am letzten Spieltag der Hauptrunde unterlagen die Hessinnen (Schlussbilanz 6:16) in einer bis zur letzten Sekunde dramatischen Partie bei den bereits für die Playoffs qualifizierten Eisvögeln des USC Freiburg (9:13, Platz 7) mit 79:81. Damit rutschte der BC erst am letzten Spieltag auf Rang elf. So ist zum ersten Mal seit 1985 ein Marburger Team sportlich aus der 1. Damen-Basketball-Bundesliga abgestiegen. Topscorerin der Partie war Marburgs Michaela VanderKlugt, die mit 23 Punkten einen neuen persönlichen Rekord in der Bundesliga aufstellte.

Sportlich hat das Pharmaserv-Team also den Ligaverbleib nicht geschafft. Nun hoffen Verantwortliche und Fans, dass es trotzdem möglicherweise weiterhin Erstliga-Basketball in Marburg geben könnte. Zum Beispiel, wenn es aus der 2. Liga keine zwei aufstiegswillige Teams gäbe, das war in jüngerer Vergangenheit eher die Regel als die Ausnahme. „Die Chancen stehen nicht schlecht“, sagt BC-Vizepräsident Stefan Gnau. Sollte es eine Wildcard geben, werde sich „das Management intensiv darum bemühen“.

Doch diese Aussicht kann auch am Tag nach dem schwärzesten Tag im Marburger Damen-Basketball seit 39 Jahren kaum jemanden trösten. Zu tief sitzt der Schock. 31 Jahre, 172 Tage, 2 Stunden, 20 Minuten und 5 Sekunden nach dem Sprungball zur Auftaktpartie dieser Bundesliga-Ära im Jahr 1992 hat der dienstälteste Club im Oberhaus seinen Platz dort ersteinmal verloren.

<< Re-Live >>

Dabei hatte das Pharmaserv-Team sein Schicksal in eigener Hand gehabt. Bis zur allerletzten Sekunde. In einer Partie auf Messers Schneide erkämpften sich die Marburgerinnen bei Zwei-Punkte-Rückstand neun Sekunden vor Ende den Ball zurück. Der letzte Wurf mit Ablauf der Zeit durch Regan Schenck krachte vorne auf den Ring. Es wäre der Dreier zum Sieg und zum Klassenerhalt gewesen.

Denn parallel demontierte der vor dem Spieltag mit Marburg punktgleiche, aber durch den direkten Vergleich schlechter platzierte Herner TC (7:15) die nun Tabellenachten Saarlouis Royals (8:14) mit 92:76. Marburg musste also gewinnen.

Nervöser Beginn des Pharmaserv-Teams

Und das wäre möglich gewesen. Zwar lagen die Hessinnen nach zehn Sekunden im zweiten Viertel schon mit 12:28 zurück. Während Freiburg alles traf, wirkten die Gäste nervös und übereifrig, manche Aktion wirkte überhastet oder unüberlegt. Kein Wunder bei dem jungen Team. Und dennoch: Der Einsatz stimmte zu jeder Sekunde. Und das wurde belohnt: Über 21:28 (14. Minute), 28:30 (16.) und 34:34 (19.) gingen die Marburgerinnen nach einem Dreier durch Marianna Byvatov mit 38:38 in die Halbzeit.

In den ersten sechs Minuten des dritten Durchgangs wechselte die Führung ständig, ehe Freiburg über 61:53 (29.) mit 64:59 ins letzte Viertel startete und sich bis 3:49 Minuten vor Schluss auf 75:64 absetzte. Da war Marburgs Julia Chandler schon nicht mehr dabei. Die Centerin bekam beim Zug zum Korb ihr fünftes Foul aufgebrummt (35.) und schied mit weniger als 18 Minuten Einsatzzeit aus.

Neun Sekunden für den letzten Angriff

Doch auch von diesem Rückschlag erholten sich die Marburgerinnen. 76 Sekunden vor Schluss brachte Kapitänin Magaly Meynadier ihr Team per Dreier auf 75:77 heran. Beim letzten Freiburger Korb hatten die Gäste schon beide Hände am Ball, doch Annika Soltau wurschtelte sich durch und netzte ein zum 81:77 bei 31 Sekunden. VanderKlugt zum 79:81 bei 21 Sekunden. Marburg foult nicht, sondern doppelt, Ball im Aus. Einwurf Marburg bei neun Sekunden. An der Freiwurflinie spitzelt Freiburg den Ball weg. Schenck muss werfen. Zu kurz.

Wäre der drin gewesen, wären die Veilchen Göttingen (7:15, Platz 10) abgestiegen; sie verloren beim seit Wochen feststehenden Tabellenschlusslicht Wings Leverkusen (4:18) mit 65:71. Auf der anderen Seite der Tabelle fing Alba Berlin mit einem 70:59-Heimsieg noch Titelverteidiger Rutronik Stars Keltern ab und geht als topgesetztes Team in die Playoffs um die Deutsche Meisterschaft.

 

Patrick Unger (Trainer Marburg):

„Was ich fühle? Enttäuschung, Leere, Traurigkeit. Das werden wir erstmal verdauen müssen, und es wird eine Weile dauern, zu realisieren, was passiert ist. Wir hatten heute wieder zu viele einfache Ballverluste, die uns das Spiel kosten. Am Anfang waren wir sehr nervös und dann schon mit 16 hinten. So eine Hypothek wiegt schwer gegen ein Team wie Freiburg, gerade in Freiburg. Ich möchte mich bei allen bedanken, die uns immer unterstützt haben, unter anderem die Fans, die hier heute wieder super Stimmung gemacht haben. Ich bin glücklich, dass ich bei so einem Programm wie in Marburg dabei sein darf.“

 

Statistik:

Viertel: 25:12, 13:26, 26:21, 17:20.

Freiburg: Britta Daub 5 Punkte / 1 Dreier, Karla Gergelova, Emily Kapitza 9, Pauline Mayer 8/2, Luisa Nufer 16/3, Mirna Paunovic 4, Christa Reed 8/2, Annika Soltau 16, Zakiyah Winfield 15.

Marburg: Marianna Byvatov 6/1, Julia Chandler 9, Rachel Clet 3 (3 Assists, 4 Steals), Lena Dziuba 12/1, Maura Fitzpatrick 7, Camila Martinez 6/2, Magaly Meynadier 7/1 (4 St.), Regan Schenck 6 (7 Ass.), Michaela VanderKlugt 23/2 (8 Rebounds, 3 Ass.).

SR: V.Steckas, J.Diel. Z: 650.

 

Fun Facts: Michaela VanderKlugt verbessert ihren persönlichen Punkterekord in der 1. Liga auf 23. / Es war das 700. Bundesliga-Spiel des BC Marburg. / Marburgs Saison endet zum dritten Mal in Folge in Freiburg (2022 Niederlage, 2023 Sieg, 2024 Niederlage) und zum fünften Mal insgesamt (2007 Niederlage, 2010 Sieg). Damit ist Freiburg Marburgs häufigster Saisonendgegner seit dem Wiederaufstieg 1992 (Platz 2: Saarlouis: 4x, aber immer in Marburg).

Fail Facts: 400. Marburger Niederlage in der Bundesliga nach dem Wiederaufstieg 1992 (834 Spiele, 433 Siege, 1 Unentschieden). / Mit sieben Spielen Marburgs längste Niederlagenserie (letzter Sieg am 14.01.2024, 80:65 in Weißenfels) in der Bundesliga seit 21.12.2019 und die längste zum Ende einer Bundesliga-Hauptrunde seit dem Wiederaufstieg 1992 – allerdings kamen vier der sieben Niederlagen mit vier oder weniger Punkten Differenz. / Marburg schließt zwei Jahre in Folge die Bundesliga-Hauptrunde mit weniger als sieben Siegen ab, zum ersten Mal seit 1994 (3:19, Platz 11) und 1995 (4:18, Platz 10). Damals wurde jeweils in der Abstiegsrunde der Klassenerhalt gesichert, die es inzwischen nicht mehr gibt.

 

Playoff-Viertelfinale

(ab dem 22. März, „Best of five“):

Alba Berlin (1. nach der Hauptrunde) – Saarlouis Royals (8)

Rutronik Stars Keltern (2) – Eisvögel USC Freiburg (7)

TK Hannover Luchse (3) – Giro-Live- Panthers Osnabrück (6)

Gisa Lions MBC (4) – Eigner Angels Nördlingen (5)

Ausgeschieden: Herner TC (9), Medical Instinct Veilchen Göttingen (10).

Sportliche Absteiger: BC Pharmaserv Marburg (11), Wings Leverkusen (12).

 

(Text: Marcus Richter, Foto: Stefan Tschersich)