Klare Antwort auf die Frage der Ehre

Zum Auftakt vier Osterdreier in den Korb gelegt: Um das Hinspieldebakel auszugleichen, reicht es nicht. Mit dem 65:52 gegen die BG 89 Hurricanes gelingt den Zweitligabasketballerinnen des ASC Mainz aber ein mehr als ordentlicher Saisonausstieg.

Mainz. Die letzten zehn Sekunden spielte Eden Nibbelink nicht mehr aus. Zwei, dreimal ließ sie den Ball noch auf den Boden prallen, dann hob sie ihn mit der rechten Hand über den Kopf und schickte sich an, das Spielfeld zu verlassen. Zum letzten Mal an diesem Tag, zum letzten Mal in dieser Saison, möglicherweise zum letzten Mal überhaupt im Theresianum. Falls das so kommen sollte, hätte sich die US-Amerikanerin am Ostermontag mit einem Sieg aus Mainz verabschiedet, zu dem sie als Topscorerin 22 Punkte beitrug.

Mit dem 65:52 (46:46, 38:29, 14:12) gegen die BG 89 Hurricanes rehabilitierten sich die Zweitliga-Basketballerinnen des ASC Mainz für ihren desolaten Auftritt im Achtelfinalhinspiel zwei Tage zuvor. Und nicht nur Maura Fitzpatrick bedauerte, dass die erste Play-off-Runde nach dem Modus „Best oft two“ entschieden wurde.

„Es ist sehr schade und auch ein bisschen unfair, dass es kein drittes Spiel gibt, wie es im Basketball ja üblich ist“, sagte die Flügelspielerin. „Wir sind am Samstag in der für uns ungewohnten Situation mit dem Druck nicht zurechtgekommen, wir waren mental noch nicht bereit für diese Aufgabe. Aber heute wollten wir zeigen, was wir können, und das ist uns gelungen.“ In einem möglichen dritten Duell hätte die Amerikanerin mit irischem Pass ihre Mannschaft nicht chancenlos gesehen.

Kämpferisch nichts zu bemängeln

Aron Duracak erachtete den Ausgang der Partie angesichts der überdeutlichen Pleite in Rotenburg an der Wümme als zweitrangig. 38 Punkte Differenz wettzumachen, war aussichtslos, „damit hatte das heutige Ergebnis schon vorab seine Bedeutung verloren“, sagte der ASC-Trainer. Worauf es ihm ankam, war, dass seine Spielerinnen einen guten Eindruck hinterlassen, dass sie kämpfen, „anders als am Samstag“. Duracak hatte das Rückspiel zu einer Art „Frage der Ehre“ erklärt, Sportvorstand Dominique Liggins wünschte sich vor dem Sprungball, „dass die Mädels Charakter beweisen“.

Das taten sie von der ersten bis zur letzten Minute, auch im dritten Viertel, als sie offensiv nicht vom Glück geküsst waren und in der Nähe des gegnerischen Korbs einige falsche Entscheidungen trafen oder durch Fehlentscheidungen der Schiedsrichter um Ballbesitz und Freiwürfe gebracht wurden. Kämpferisch und gab es über die gesamte Distanz nichts auszusetzen, defensiv verrichteten die Mainzerinnen einen klasse Job – das zeigen die nur 52 Punkte der Gäste. Und Shannon Ryan, mit einem Schnitt von 20 Zählern die zweitbeste Scorerin des Nordens, hielt der ASC bei neun.

Eine enge Kiste wäre möglich gewesen

„Für die Spielerinnen selbst ist es wichtig, einen starken Gegner aus dem Norden geschlagen zu haben“, sagte der Trainer. Alina Kraus bestätigte das: „Wir wollten unbedingt einen schönen Saisonabschluss und dieses Spiel gewinnen“, sagte die Flügelfrau ihrer vielleicht besten Leistung in diesem Zweitligajahr. „Dafür haben wir alles aus uns herausgeholt. Auch, weil wir nächste Saison nicht mehr in dieser Konstellation spielen werden. Schade nur, dass wir es uns am Samstag vermiest haben.“

Duracak konstatierte zwar „dass wir es nach dem Komplettversagen im Hinspiel nicht verdient haben weiterzukommen“, doch freimachen konnte er sich von genauso wenig wie seine Spielerinnen von dem Gedanken, was mit einer normalen Leistung im ersten Aufeinandertreffen möglich gewesen wäre. „Wenn wir dort mit der gleichen Intensität wir heute gespielt und nur mit 15 Punkten Unterschied verloren hätten, wird das hier eine ganz enge Kiste.“

Vier Dreier in den ersten Minuten

Ob die Niedersächsinnen dann anders aufgetreten wären (Duracak: „Sie waren in der ersten Halbzeit nicht sehr motiviert und haben schlechter gespielt als zu Hause“), bleibt Spekulation. Fakt ist, dass seine eigenen Schützlinge den Auftakt gestalteten, als ginge es darum, Osterdreier in den Korb zu legen. Nibbelink zum 3:0, Landy zum 6:2, Alina Dötsch zum 9:2 und erneut Nibbelink zum 14:5 trafen von jenseits der Linie. Pia Mankertz, in der Anfangsphase statt der weitgehend abgemeldeten Ryan auffälligste BG-Akteurin, tat es ihnen zum 14:5 gleich.

Zur Erinnerung: In Rotenburg hatten sie exakt einen von 29 Dreiern getroffen.

Überragend war die Schussausbeute auch diesmal nicht; angesichts der vielen knapp verfehlten Würfe hätten es statt der neun Punkte Vorsprung zur Halbzeit auch zehn mehr sein können. „Das hätte ich gerne erlebt“, sagte Liggins, „dann wäre es in der gegnerischen Kabine sicher laut geworden.“

Gutes Gefühl gewahrt

Einen Geschmack davon bekamen Spielerinnen und Zuschauer im dritten Durchgang, als die Gäste auf 40:39 herangekommen waren, Nibbelink und Kraus aber wieder um vier Punkte erhöhten. Es war der Moment, als dem lange Zeit so nonchalant wirkenden Hurricanes-Trainer Christian Greve der Kragen platzte und er seine Frauen in einer Auszeit gewaltig zusammenfaltete. Das wirkte vorübergehend, die BG glich bis Ende des Viertels aus – sah im Schlussabschnitt allerdings nicht mehr viel Land.

„Wir sind sehr froh über diesen Sieg“, bekräftigte Alina Kraus. „Noch eine Niederlage, und wir wären mit einem schlechten Gefühl aus dieser guten Saison herausgegangen. So aber haben wir sie gerettet.“

Dieser Artikel erscheint mit freundlicher Unterstützung vom SPORT AUS MAINZ.