Entscheidender Kniff und erlösender Dreier

Eine Umstellung in der Offensive hilft, die Topscorerin wieder in Szene zu setzen. Und ein Neuzugang hat kurz vor Schluss seinen bislang wichtigsten Moment im Trikot des ASC Mainz beim 58:53-Sieg im Zweitligaspiel gegen die BSG Baskets Ludwigsburg

Mainz. Ganz sicher wird Maura Fitzpatrick noch etliche wichtige oder gar entscheidende Momente im Trikot des ASC Mainz erleben. Ihren bislang wichtigsten hatte sie am sechsten Spieltag, 58 Sekunden vor dem Ende der Zweitligapartie gegen die BSG Baskets Ludwigsburg. 53:51 stand es, der bis zu 16 Punkte umfassende Vorsprung, den die Gastgeberinnen sich im ersten Viertel erspielt hatten, betrug nur noch zwei Zähler. Und die Gäste, als ungeschlagener Tabellenzweiter angereist, waren drauf und dran, auch noch diese Differenz zu bereinigen.

Zwei kurz aufeinanderfolgende Szenen verhinderten dies. Zunächst sorgte Alina Dötsch mit einer Flugeinlage an der rechten Seitenlinie knapp über dem Hallenboden dafür, dass ein freier Ball nicht den Gegnerinnen in die Hände fiel. Dann zog Kendra Landy zum Korb, verzichtete aber auf einen eigenen Abschluss, sondern passte nach außen auf die halblinks stehende Fitzpatrick – und die schoss einen Dreier zum erlösenden 56:51.

Das ließen sich die Mainzerinnen nicht mehr nehmen. Eden Nibbelink stellte 18 Sekunden vor Schluss mit zwei verwandelten Freiwürfen den 58:53 (45:40, 34:22, 22:8)-Endstand her.

Von 2/2 auf 3/13

„Ich bin sehr froh, dass ich diesen Schuss getroffen habe“, sagte Fitzpatrick, nachdem die ersten Emotionen abgeklungen und das Siegerinnenfoto gemacht war. Selbstverständlich war der Treffer nicht. Zwar hatte die US-Amerikanerin mit irischem Pass schon im ersten Durchgang ihre ersten beiden Dreierversuche sauber im Korb untergebracht, danach aber rauschte die Quote in den Keller. Bevor sie zum letzten Mal Maß nahm, stand sie bei drei von dreizehn. Nicht unbedingt eine Ausbeute, die einen vor Selbstbewusstsein strotzen lässt.

„Am Anfang hatte ich das nötige Vertrauen in meinen Schuss“, sagte Fitzpatrick. „Danach ist nichts mehr gefallen“ – ein Manko, das ihr Trainer mit der gegnerischen Umstellung auf eine 2-3-Zone erklärte. „Dagegen tun wir uns schwer, weil uns die Übung fehlt“, sagte Aron Duracak. „Wir spielen diese Defense nicht, deshalb ist sie im Training auch nicht einfach zu simulieren, und die Angreiferinnen kommen zu vielen offenen Würfen, die sie im Spiel allerdings nicht kriegen, wenn der Gegner das System beherrscht.“

Shantrell Moss bei sieben Punkten gehalten

Doch was die Verteidigung anging, mussten die ASC-Frauen ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen – ihre Defense gab letztlich den Ausschlag für den dritten Saisonsieg. „Darauf haben wir schon in der Vorbereitung viel Zeit investiert“, merkte Duracak an. „Es macht uns stolz, dass sich diese Arbeit auszahlt.“

Das Sahnehäubchen auf der starken Arbeit gegen den Ball: Der Ex-Mainzerin Shantrell Moss, bislang mit einem Schnitt von knapp über 20 Punkten die Topscorerin der Liga, gestatteten sie lediglich sieben Zähler. „Wir schaffen es jedes Mal, die beste gegnerische Schützin unter ihrem Schnitt zu halten“, sagte der erfreute Coach, „auch dafür muss ich das Team loben.“

„Ich liebe es, eine harte Defense zu spielen“, sagte Fitzpatrick, die auch daran entscheidenden beteiligt war. Denn Duracak hatte zunächst sie auf Moss angesetzt. „Wahrscheinlich hat die gesamte Liga geglaubt, Alina Dötsch würde diesen Job übernehmen“, sagte der Trainer. Doch auf sie hätte die Ludwigsburgerin sich angesichts der gemeinsamen Zeit im Theresianum womöglich besser einstellen können. „Aber wir haben es den Gegnerinnen insgesamt von Anfang bis Ende schwergemacht, zu guten Abschlüssen zu kommen“, hob Fitzpatrick hervor. „Und wir haben viele Angriffe gestoppt, was uns einfache Punkte ermöglicht hat.“

Keine Two-women-show

Hinzu kam in den ersten zehn Minuten eine Offensivleistung, die nichts mit den kümmerlichen 43 Punkten eine Woche zuvor in München zu tun hatte. „Die eigene Halle macht schon etwas aus, aber wir sind diesmal auch schnell in einen Lauf gekommen und sehr selbstbewusst aufgetreten“, führte Duracak aus.

Dass sich Fitzpatrick (10) und Eden Nibbelink (12) die komplette Ausbeute des Viertels teilten und auch am Ende mit 21 und 22 Punkten den Angriff dominierten, mutete rein statistisch betrachtet nach einer Two-women-show an – war es aber nicht.

„Ja“, räumte der Trainer ein, „das waren gerade zu Beginn phänomenale Einzelleistungen, aber die beiden haben ihre Körbe ja in der Regel nicht im Eins-gegen-eins erzielt, sondern aus den Plays heraus. Und die hat die gesamte Mannschaft umgesetzt. Maura zum Beispiel hat oft den Ball bekommen, wenn sie eine kleine Verteidigerin gegen sich hatte. Diese Situationen haben wir uns ausgeguckt.“

Wächter geht untern Korb

Wirklich am Erfolg gezweifelt habe er trotz des schrumpfenden Vorsprungs nicht, versicherte Aron Duracak. „Zweifel ist das falsche Wort, aber man weiß ja, dass ein solches Spiel nach langer Führung umschwenken kann, wenn der Gegner aufkommt und das Momentum hat.“ Und wenn bei den eigenen Leuten die Nerven dazukommen, Freiwürfe sowie einfache Korbleger nicht mehr ins Ziel finden. Oder selbst die beste Schützin nichts mehr trifft und schon gegen Ende des dritten Viertels nach mehreren Mit-dem-Kopf-durch-die-Wand-Aktionen wirkt, als benötige sie dringend eine Pause.

Duracak aber ließ Nibbelink auf dem Feld. „Auf meine Unterschiedsspielerinnen wollte ich nicht verzichten“, sagte er. „Edens Problem war, dass sie früher nur auf dem Flügel gespielt hat, jetzt aber in der Zone auf den großen Positionen ranmusste.“

Für Abhilfe sorgte Jordis Wächter, die diese Misere erkannte: Selbst zwar eine ganze Ecke kleiner als die US-Amerikanerin, bot sie dem Trainer an, unter den Korb zu gehen, damit Nibbelink außen ihre Stärken besser zur Geltung bringen könne – ein mitentscheidender Kniff in der Schlussphase.

„Das sind wir“

Und dann kam Maura Fitzpatricks bislang wichtigster Moment im ASC-Trikot. „Ich habe gesehen, wie Kendra zum Korb ging, zu mir schaute und passte, und ich wusste, dass dieser Schuss sitzen muss“, sagte sie. „Und er war drin. Das haben wir gebraucht.“

„Wir können jeden Gegner schlagen“, resümierte ihr Trainer anschließend, „wir können aber auch gegen jeden Gegner verlieren. Das sind wir. Aber das Wichtige ist, dass wir unsere Siege aus eigener Kraft schaffen und nicht, weil der Gegner einen schlechten Tag hat.“

Dieser Artikel erscheint mit freundlicher Unterstützung von SPORT AUS MAINZ !