Ein Sieg für die Moral und mit Gesprächsbedarf

Beste und schlechteste Saisonleistung in einer Partie: Die ASC-Basketballerinnen gewinnen ihr Zweitligaspiel gegen München Basket nach desolaten Minuten und gelungener Aufholjagd mit 86:75.

Mainz. Falls das ein Trick war, die Gegnerinnen in Sicherheit zu wiegen: Er hat funktioniert. Was die Basketballerinnen des ASC Mainz in der Zweitligapartie gegen München Basket boten, waren „unsere schlechteste und unsere beste Saisonleistung in einem einzigen Spiel“, kommentierte Eric Marschke die Darbietung.

Weil der bessere Part besser als der schlechtere schlecht war, stand am Ende ein 86:75 (66:61, 32:41, 16:20), „das man nicht hoch genug einordnen kann“, wie der Trainer befand. „Zum einen, weil es gegen einen direkten Konkurrenten war, zum anderen wegen der Art, wie es zustande kam.“

Marschke lag vermutlich richtig mit seiner Einschätzung, dass sein Team früher in solchen Situationen auseinandergebrochen und in ein Debakel mit 40 Punkten Unterschied gestolpert wäre. In Situationen wie der, in die sich die Mainzerinnen nach einem mäßigen, von einigen leichtfertigen Ballverlusten und liegengelassenen Korblegern durchzogenen ersten Viertel manövriert hatten.

Fünf Minuten ohne Punkt

Bis dahin war zwar viel passiert, was den Trainer ärgerte und die Zuschauer die Köpfe schütteln ließ, doch vier Punkte Rückstand stellten kein besorgniserregendes Zwischenergebnis dar. Das sollte sich im zweiten Durchgang rasch ändern. Fast fünf Minuten blieb der ASC ohne Punkt, derweil die Gäste sich vor allem dank Jana Genttner bis auf 16:35 sukzessive absetzten. „In der Phase fand ich unsere Verteidigung fast noch schlimmer als unseren Angriff“, sagte Marschke. „Wir haben den Gegner von außen zum Korb ziehen lassen, wie wir es eigentlich selbst vorhatten.“

Das hing in nicht geringem Maße mit Erin Antosh zusammen. In der Defense kaum präsent, in der Offense trotz objektiver Vorteile relativ selten eingesetzt und wenn, dann mit etlichen Fehlwürfen, spielte die Centerin nicht die Rolle, die sie eigentlich einnehmen sollte. „Diesmal hatten wir unsere besten Phasen ohne sie“, konstatierte der Trainer. Nicht von ungefähr ging der Wendepunkt mit Antoshs Auswechslung in der 17. Minute einher.

Kampfgeist eingefordert

Jetzt begannen die Mainzerinnen Basketball zu spielen, jetzt demonstrierten sie, warum sie zuletzt die Topteams aus Bad Homburg und Wasserburg bezwungen hatten. Auch Marschkes Worte in der Auszeit kurz zuvor mochten ihre Wirkung entfaltet haben. „Wenn ich in Gesichter sehe, habe ihr schon verloren“, sagte er und forderte mehr Kampf- und Widerstandsgeist ein – den seine Spielerinnen fortan boten.

Alina Kraus‘ Dreier zum 20:37 leitete die Aufholjagd ein. Es blieb zwar der einzige Treffer aus der Ferne der Distanzschussspezialistin, doch andere füllten die Lücke aus. Allen voran Tatum Koenig. Die Spielmacherin setzte ihren erstem 3-Punkte-Wurf nach Offensivrebound und schnellem Pass von Hannah Krull zum 27:41 und ließ in der zweiten Halbzeit vier weitere folgen. „Tatum hat heute gemacht, wofür sie bezahlt wird“, lobte der Coach seine US-Amerikanerin für eine ihrer besten Saisonleistungen. „Sie und Verena Soltau haben das Spiel gewonnen, andere Spielerinnen haben wichtige Nadelstiche gesetzt.“

Die Gäste wehren sich

In den letzten vier Minuten der ersten Halbzeit verkürzten die Mainzerinnen den Rückstand von zwanzig auf neun Punkte – kein Wunder, dass die Pause nach Marschkes Empfinden zu einem ungünstigen Zeitpunkt kam. Zumindest musste er seine Frauen jetzt nicht mehr mental aufbauen, sondern nur darin bestärken, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen. „Wenn wir pro Minute einen halben Punkt aufholen, werden wir gewinnen“, gab er ihnen mit auf den Weg. Und dass sie ihr Heil nicht in wilden Aktionen und Hero Balls suchen, sondern einfachen Basketball spielen sollten.

Der gestaltete sich zwar nicht fehlerfrei, weswegen es immer wieder kleinere Rückschläge wegzustecken galt. „Und München ist ja auch kein schlechtes Team“, sagte Marschke. Angetrieben von Theresa Spatzier wehrten sich die Gäste energisch dagegen, den fast schon sicher scheinenden Sieg aus der Hand zu geben. So konterte die Münchener Topscorerin die erste Mainzer Führung nach langer Zeit – Koenig traf nach Krull-Steal und Soltau-Assist per Dreier zum 54:52 – umgehend mit einem eigenen Distanztreffer.

„Das macht was mit dem Gegner“

Im Schlussviertel jedoch lag der ASC durchgehend vorne, „die Spielerinnen haben an sich geglaubt“, sagte der Trainer. „Und wenn du nach einem so deutlichen Rückstand zurückkommst und selbst in Führung gehst, dann macht das auch etwas mit dem Gegner.“

Am Ende standen einige eindrucksvolle Werte in der Statistik. Verena Soltau war zum wiederholten Mal beste Mainzer Schützin und verbuchte zudem 14 Rebounds. Alina Dötsch traf ebenfalls zweistellig, leistete sechs Assist und stahl vier Bälle. Und Alina Kraus gelang ein Double-Double mit elf Punkten und zehn Rebounds (und ebenfalls sechs Assists).

„Letztlich hat das talentiertere Team gewonnen“, sagte Eric Marschke nach dem dritten Erfolg hintereinander, dank dessen der ASC sich auf den fünften Tabellenplatz schob. „Dieser Sieg stärkt die Moral – er bietet aber auch Gesprächsbedarf.“

Dieser Artikel erscheint mit freundlicher Unterstützung von SPORT AUS MAINZ.

Foto: ASC Mainz