„Drei Punkte sind nichts“

Die Basketballerinnen des ASC Mainz verlieren ihr erstes Play-off-Spiel gegen die TG Neuss mit 87:90. Aus den entscheidenden Fehlern ziehen sie gleichwohl Zuversicht für das Rückspiel am nächsten Samstag.

Mainz.
War das jetzt Trotz oder Zweckoptimismus, als Dominique Liggins die Zuschauer im Theresianum mit den Worten verabschiedete: „Wir sehen uns in zwei Wochen wieder“? Vermutlich weder noch – sondern Ausdruck der Überzeugung, dass es den Basketballerinnen des ASC Mainz am nächsten Samstag gelingen wird, sich für die zweite Runde der Zweitliga-Play-offs zu qualifizieren.

Zwar hatte die Mannschaft soeben das Achtelfinal-Hinspiel gegen TG Neuss mit 87:90 (64:69, 44:40, 24:21) verloren. Doch die Leistung bot genügend Ansatzpunkte, warum es im zweiten Duell ganz anders laufen könnte – und das nicht in erster Linie wegen der starken Mainzer Phasen. „Neuss hat an seinem absolut obersten Limit gespielt“, sagte Eric Marschke, „wir waren bei 60 Prozent, manchmal auch nur bei 30.“

Von daher, das habe er seinen Spielerinnen unmittelbar nach dem Ende der Partie in der Kabine vermittelt, gebe es keinen Grund davon auszugehen, das Aus sei besiegelt. Die Rechnung des Mainzer Trainers war klar: Der Gegner wird nicht zweimal hintereinander derart auftrumpfen, also wird sein Team sich im zweiten Duell durchsetzen, sofern es gelingt, die gravierendsten Schwachstellen zu beseitigen. „Eine Minute vor Schluss lagen wir mit acht Punkten zurück, am Ende waren es nur noch drei“, sagte er. „Und drei Punkte sind nichts.“

Viele einfache Punkte zugelassen

90 Punkte hingegen sind sehr viel. So viel hatten die Mainzerinnen in keinem einzigen Hauptrundenspiel kassiert, wenngleich sie in der Hinrunde beim MTV Stuttgart nur knapp daran vorbeigeschrammt waren (74:89). „Und ganz sicher haben wir noch nie so viele einfache Punkte zugelassen wie heute“, monierte Marschke. „Das Ergebnis zeigt, dass beide Mannschaften nicht gut verteidigt haben“, sagte Liggins.

Überhaupt nicht in den Griff bekam der ASC Olivia Nash. Dass sie die herausragende Individualistin des Tabellenfünften der Nordstaffel ist, war bekannt, ihr 37 Punkte zu gestatten, sprach für ein desolates Defensivverhalten.

„Alina Dötsch hatte nicht ihren besten Tag, aber das Eins-gegen-eins war gar nicht so schlecht“, sagte Marschke. „Schlimmer waren die Offensivrebounds, die wir zugelassen haben und die meistens über Nash zum Erfolg geführt haben. Mit Alina, Erin Antosh und Verena Soltau hatten wir eigentlich genügend Länge auf dem Feld, um uns nicht so vernaschen zu lassen.“

„Schwer zu verteidigen“

Dem Eindruck, die US-Amerikanerin auf der Vier könne machen, was sie wolle, widersprach Björn Weber nicht. Dennoch nahm der Neusser Trainer die Mainzer Defense indirekt in Schutz. „Olivia verfügt schon über sehr viel Erfahrung, sie weiß immer, wo sie hinlaufen muss, deshalb ist sie sehr schwer zu verteidigen“, sagte er. „Und wenn der Gegner sich zu sehr auf sie fokussiert, sind andere da, die das bestrafen.“

Nicht von ungefähr hatte er vorab im Gespräch mit SPORTAUSMAINZ.de das Kollektiv hervorgehoben. Zu spüren bekam der ASC das beispielsweise im vierten Viertel, als Johanna Huppertz zum 76:83 und Linda Brückner zum 80:88 zwei weite Dreier über Verena Soltaus in die Höhe gereckten Arme versenkten.

Die Dreierquote gleichwohl nicht das ausschlaggebende Kriterium. Sechs Mainzer Treffern bei achtzehn Versuchen standen zehn von siebenundzwanzig der Gäste gegenüber. „Die Neusser haben halt oft aus der Distanz getroffen, wenn wir uns in der zweiten Halbzeit herangearbeitet hatten“, hielt Dominique Liggins fest.

Alle mit Licht und Schatten

Umgekehrt war es vor der Pause freilich ähnlich gelaufen. Edanur Caglar zum Beispiel markierte zu Beginn des zweiten Viertels, als der ASC drauf und dran war, die kurz zuvor erst zurückeroberte Führung wieder aus der Hand zu geben, per Dreier das 27:23.

Was ihrem Team viel mehr zusetzte, waren die zahlreichen Ballverluste, die allzu oft nicht erzwungen waren – es steht zu vermuten, dass die Zahl der Turnovers über den in der Statistik ausgewiesenen 16 lag. Und viele davon waren unnötig, weil sie durch Passversuche über die dicht vor einem stehende Verteidigerin hinweg passierten. „Letztlich haben diese Fehler uns gekillt“, sagte Marschke, „ich weiß gar nicht, wie oft wir quer übers Feld passen wollten und der Gegner dazwischenging.“

Licht und Schatten wechselten einander bei allen Akteurinnen, in allen Phasen und an beiden Enden des Spielfelds ab. „Es wäre nicht gerecht, einzelne Spielerinnen an den Pranger zu stellen“, sagte Marschke, „im Prinzip alle hatten ihre starken und weniger starken Szenen.“ Mit weniger weniger starken Momenten wäre es seinen Frauen unter anderem gelungen, den einen oder anderen Offensivrebound mehr in Punkte umzumünzen und nicht so viele Korbleger liegenzulassen.

Schwache Freiwurfquote

Auch über die Freiwurfquote hätten sie die Partie auf ihre Seite ziehen können. 30-mal standen sie an der Linie, nur 19-mal landete der Ball im Korb, die Gäste trafen zehn von dreizehn. Es wäre also durchaus möglich gewesen, den noch gegen Ende der ersten Halbzeit sieben Zähler betragenden Vorsprung wenigstens zu halten. Nachdem die Mainzerinnen aber in der 23. Minute in Rückstand geraten waren, tasteten sich zwar mehrmals auf Tuchfühlung heran, vermochten jedoch keine Wender mehr herbeizuführen.

Genügend Ansatzpunkte also für Marschke und Liggins, um dem zweiten Aufeinandertreffen optimistisch entgegenzusehen. Allerdings sah Björn Weber das Potenzial seiner Mannschaft noch nicht ausgereizt. Der Neusser Trainer („Hier zu gewinnen, ist eine großartige Sache“) war hochzufrieden mit der kämpferischen Einstellung des Teams und hätte auch „ganz gut mit einem 70:67 leben können, aber für die Zuschauer war es so sicher unterhaltsamer“.

Verbesserungsbedarf erkannte er in der Verteidigung. „Wir haben den Mainzern zu viele Freiwürfe geschenkt, weil wir zu dumm reingegriffen haben“, sagte er. „Wir haben 15 einfache Punkte gezählt, aber jetzt bleibt uns eine Woche Zeit, daran zu arbeiten.“

Dieser Artikel erscheint mit freundlicher Unterstützung von SPORT AUS MAINZ.