Denn sie wissen, was sie tun

Angstgegner in die Knie gezwungen: Beim 71:45 gegen die Metropol Baskets Schwabach überzeugt Zweitligist ASC Mainz unter anderem in der Defense und bei Fastbreaks. Und Neuzugang Marta Gehlhaar stand erstmals mehr als 20 Minuten auf dem Feld

Mainz. Dominique Liggins musste die Hände so lange ruhig halten, wie das Spiel lief. Der Sportvorstand des ASC Mainz saß während des Heimspiels der Zweitliga-Basketballerinnen gegen die Metropol Baskets Schwabach auf der Tribüne, neben sich den bis zum Frühjahr drei Jahre lang als Trainer der Gastgeberinnen tätigen Andre Negron, in den Fingern ein Handy samt Stativ, und zeichnete die Partie auf. Doch als die Schlusssirene ertönte, ließ er die Emotionen raus. Beinahe frenetisch beklatschte Liggins das 71:45 (62:29, 41:23, 16:14), den zweiten Sieg im vierten Saisonspiel.

„Gutes Spiel, gute Intensität“, lautete sein erster Kommentar. Gefolgt von der Feststellung: „Stuttgart war nur ein Ausrutscher.“ In der Tat lagen Welten zwischen dem Offensivdebakel im Pokal eine Woche zuvor und dieser Meisterschaftsbegegnung mit einem Angstgegner. „Seit wir in der Zweiten Liga zurück sind, hatten wir noch nie gegen Schwabach gewonnen.“

Durststrecke im letzten Viertel

Zwei Phasen musste man aus dem allgemeinen Lob ausnehmen: Die zweite Hälfte des ersten Viertels, in der die Gastgeberinnen eine 10-Punkte-Führung beinahe komplett aus der Hand gaben und die Gäste von 14:4 zum Ausgleich kommen ließen; Jordis Wächter sorgte immerhin noch dafür, dass ihr Team mit einer Führung aus dem Durchgang ging.

„Aber die können halt auch Basketball spielen“, sagte Liggins, der diesen kleinen Durchhänger ähnlich entspannt betrachtete wie Aron Duracak. „Dass es nicht immer optimal läuft, ist normal“, sagte der Trainer. „Wichtig war, dass wir uns im zweiten Viertel sofort gefangen haben.“

Die zweite und längere Durststrecke durchlief der ASC im letzten Viertel, als der komfortable Vorsprung nicht dramatisch, aber doch von 62:29 auf 62:39 schmolz – sechseinhalb Minuten waren die Gastgeberinnen ohne Treffer geblieben. „Aron hat ein paar neue Dinge in der Offense ausprobiert, die wir noch nicht sehr lange trainiert haben“, erläuterte Eden Nibbelink, warum es plötzlich so holperte. „Einige gute Schüsse sind nicht reingefallen, und wir haben ja auch gegen einen guten Gegner gespielt.“

Duracak will 40 Minuten lang 100 Prozent

Einige laute Töne waren zu hören, als Duracak seine Frauen in der 35. Minute zur Auszeit versammelte, bevor er ruhig ausführte, was fortan zu tun sei. Allerdings sei es ihm bei dieser Ansprache nicht um die vorübergehende Offensivmisere gegangen, sagte er später. „Mich hat gestört, dass der Gegner zu diesem Zeitpunkt neun Punkte hintereinander gemacht hatte. Unsere Verteidigung war nicht mehr auf dem Level, auf dem sie sein sollte.“

Duracak verstand seine kurzzeitige Lautstärke als Weckruf, um zu verhindern, „dass wir das Spiel dahinplätschern lassen. Ich möchte, dass wir 40 Minuten lang bei 100 Prozent sind. Und wenn eine Partie im Prinzip gewonnen ist, müssen wir die verbleibende Zeit eben schon als nächste Trainingseinheit nutzen“.

Des Trainers Worte stießen auf offene Ohren. Alina Kraus schloss den nächsten Angriff mit einem Dreier ab, erstaunlicherweise dem einzigen des gesamten Teams bei insgesamt 22 Versuchen (genügend Themen, an den zu arbeiten ist, gibt es noch), danach blieb der Vorsprung stabil.

Kein Mittel gegen Nibbelink

„26 Punkte Unterschied sind solide dafür, dass ich uns mit Schwabach auf einer Höhe gesehen habe“, urteilte der Coach. „Uns hat natürlich geholfen, dass Emma Duff lange auf der Bank saß, weil sie früh mit Fouls belastet war.“ Aber die hatten seine Spielerinnen gegen die Topscorerin der Fränkinnen ja auch erst mal ziehen müssen. Zu Duffs elf Punkten aus dem ersten Viertel kamen nur noch zwei hinzu.

Dass die Mainzerinnen in der Lage sind, auf einem deutlich höheren Niveau zu verteidigen, zeigte sich bereits in den ersten Minuten, in denen die Arbeit unter dem eigenen Korb die Grundlage ihrer früh herausgespielten Führung war. Alina Dötsch tat sich mit Rebounds und Ballgewinnen besonders hervor, Mitte des ersten Viertels gelang es sogar, die Schwabacher Schussuhr herunterlaufen zu lassen, ohne den Gästen einen Abschluss zu ermöglichen.

Im Angriff verteilten sich die Punkte zunächst recht ausgeglichen auf die Starting-Five-Spielerinnen, im zweiten Viertel schwang sich Nibbelink zur Topschützin auf. Die US-Amerikanerin konnte sich eigentlich nur selbst an einer hohen Ausbeute hindern, indem sie den Korb verfehlte – die Gäste jedenfalls fanden kaum ein Mittel, sich ihrer zu erwehren.

17 Steals und viele Fastbreaks

Und dennoch lebte der ASC nicht nur von seiner Topscorerin, die zur Pause bei 15 Punkten stand und am Ende auf 24 kam, allerdings auch nur knapp 26 Minuten im Einsatz war. Jordis Wächter (15) und Kendra Landy (10) trafen ebenfalls zweistellig, Maura Fitzpatrick, Dötsch und Kraus steuerten ebenfalls ihren Teil bei.

Insbesondere freute sich der Coach darüber, dass seine Spielerinnen ihre 17 Steals zu zahlreichen erfolgreich abgeschlossenen Fastbreaks genutzt hatten. „In den vorangegangenen Spielen konnten wir mit unseren Ballgewinnen nicht so viel anfangen“, sagte er, „wir hatten noch kein Konzept, wie wir Richtung Korb gehen sollten.“ Die Arbeit daran stand jedoch unter der Woche auf dem Plan, in einer Trainingseinheit ließ Duracak 40 Minuten lang Fünf-gegen-null laufen, um die Spielzüge zu verfestigen.

Der Lerneffekt war offensichtlich. Auch mit hohem Tempo vermittelten die ASC-Basketballerinnen stets den Eindruck, dass eine Idee hinter den Angriffen steckt, dass sie wissen, was sie tun. „Wir haben in der Offense sehr geschmeidig gespielt“, nannte Nibbelink einen wesentlichen Unterschied zum Low-Score-Game in Stuttgart, „und wir haben als Team besser harmoniert.“

An die Intensität gewöhnen

Das Ganze garnierten die Mainzerinnen mit rund 21 Minuten Spielzeit für Marta Gehlhaar, die ihre Sache im Aufbau sehr ordentlich machte. „Das war anstrengend, weil wir sehr viele gerannt sind“, sagte die 18-Jährige. „Aber es hat Spaß gemacht, und wir haben viel gelernt, weil wir unsere neuen Plays auf eine ganz andere Weise anwenden konnten als im Training.“

Die größte Umstellung muss der Neuzugang, der bislang für die Rhein-Main Baskets in der WNBL aktiv und mit ihnen vorige Saison DM-Dritte geworden war, in Sachen Athletik bewältigen. „Die Intensität in der Zweiten Liga ist natürlich viel höher, es wird viel körperlicher gespielt“, sagte sie. „Das ist für mich eine neue Erfahrung. Aber ich bin schon dabei, mich daran zu gewöhnen.“

Der Beitrag erscheint mit freundlicher Unterstützung von SPORT AUS MAINZ.