Ankunft im Advent

Beim 76:61 eines starken ASC Mainz gegen die DJK Bamberg ragt Tatum Koenig nicht nur wegen ihrer 30 Punkte heraus. Die US-amerikanische Aufbauspielerin besticht mit einer regelrechten Leistungsexplosion – und steht mit ihrer beeindruckenden Performance nicht allein.

Mainz. Das war ein Spiel ganz nach dem Geschmack des Trainers und des Sportvorstands – und spätestens mit diesem fünften Saisonsieg sind alle Überlegungen vom Tisch, in der Weihnachtspause personelle Veränderungen vorzunehmen. Die gab es noch vor wenigen Wochen beim ASC Mainz durchaus, intern stand Tatum Koenig auf der Kippe. Im Sommer verpflichtet, lief die Spielmacherin seither den Erwartungen hinterher. Die Begegnungen, in denen sie so performte, wie es sich die Vereinsverantwortlichen von einer US-amerikanischen Profispielerin vorstellen, bildeten die Ausnahme.

Am Samstagabend jedoch explodierte die 24-Jährige förmlich. Beim 76:61 (62:44, 43:34, 27:11) gegen die DJK Bamberg ragte sie nicht nur aufgrund ihrer 30 Punkte heraus. Nein, Koenig trat als die Anführerin auf, die sie sein soll, sie lenkte Spiel und Mitspielerinnen, und als ihre Landsfrau Erin Antosh wegen hoher Foulbelastung sicherheitshalber auf die Bank musste, übernahm Koenig auch noch deren Verantwortung.

„Das hat sich heute angefühlt, als sei Tatum in Mainz angekommen“, sagte Manager Dominique Liggins am Vorabend des dritten Advents. „Ich bin mächtig stolz auf sie.“

„Gesagt, dass wir an sie glauben“

Allem Anschein nach hatte Koenig unter der Woche fast so viel geredet wie trainiert – und die Kommunikation war offenbar mindestens genauso wichtig wie die sportlichen Einheiten. Mit Trainer Eric Marschke hatte sie am Donnerstag ein längeres Gespräch, mit Liggins am Freitag. Beide berichteten, die vom College gekommene Spielerin habe sich selbst massiv unter Druck gesetzt, wohl aus Angst, ihr erstes Profijahr in Deutschland könne ihr letztes werden.

Derlei Sorgen versuchte Marschke ihr zu nehmen. „Ich habe ihr gesagt, dass wir an sie glauben“, erzählte der Coach, „und dass wir sie andernfalls längst heimgeschickt hätten.“ Die Folge: „Diesmal hat sie gespielt, was sie kann.“ Oder, wie Liggins weniger nüchtern formulierte: „Tatum hat ein Wahnsinnsspiel gemacht. Das war sensationell. Sie wollte vorangehen, und alle anderen sind mitgegangen.“

Koenig traf alle ihre elf Versuche aus der 2-Punkte-Distanz und leistete neun Assists. Eine Leistung, mit der sich beseelt in die kurze Weihnachtspause gehen lässt. Das galt im Übrigen für die gesamte Mannschaft.

Kraus überrascht in der Defense

„Wir hatten uns vorgenommen, nach diesem Spiel die etwas durchwachsene Hinrunde zu vergessen“, sagte Liggins. „Wir wollten den Resetknopf drücken und noch enger zusammenrücken. Das haben die Mädels eindrucksvoll demonstriert. Auf dem Feld stand ein echtes Team mit einigen herausragenden Spielerinnen.“

Dazu zählte, wie schon eine Woche zuvor beim Sieg in Schwabach, Alina Kraus. „Sie hat sich eine super Statistik erspielt“, lobte Marschke. „Sie war überall auf dem Feld, das war unglaublich“, ergänzte Liggins. Die Fähigkeiten der Flügelfrau als Distanzschützin sind bekannt, insofern überraschten zehn Punkte und zwei Dreier nicht. „Aber von ihren Defensivqualitäten hat man noch nicht so viel gehört“ – fünf Blocks in einer Partie sind selbst für ausgewiesene Verteidigungsexpertinnen ein außergewöhnlicher Wert. Neun Rebounds und sechs Assists rundeten Kraus‘ Auftritt ab.

Antosh gewinnt Centerduell

Kraus war auch diejenige, die für die erste Mainzer Führung sorgte, aus der Distanz zum 3:2. Anschließend tat es Charlotte Kriebel ihr gleich, traf zum 6:5 und 9:5. Fortan blieb der ASC vorne, Erin Antoshs Korb zum 27:11 rundete das erste Viertel ab, das Marschke und Liggins in ihrem vorab verspürten „guten Gefühl“ bestätigte.

Antosh entschied nebenbei das Duell der Centerinnen mit Victoria Waldner für sich. Die Mainzer Amerikanerin, die sich offensiv meist mit der Bamberger Amerikanerin auseinandersetzen musste, erzielte 20 Punkte, war jedoch schon vor Ablauf des zweiten Viertels mit drei Fouls belastet, kassierte den vierten Pfiff kurz nach Beginn des dritten Durchgangs und stand insgesamt nur 27 Minuten auf dem Feld.

Waldner wirkte knapp zehn Minuten mehr mit, kam aber nur auf 17 Zähler – nicht zuletzt Alina Dötschs, die sich vorwiegend um die Bamberger Topscorerin kümmerte. „Die beiden haben sich aneinander abgearbeitet“, hob Liggins hervor. „Auch solche Sachen, die nicht jeder sieht, muss man honorieren.“

„Was heißt Durchhänger?“

Den kleinen Durchhänger im zweiten Viertel, der die Gäste bis auf 36:32 (18.) herankommen ließ, nahm Eric Marschke seinen Frauen nicht übel. „Was heißt Durchhänger?“, fragte er. „Bamberg ist eine gute Mannschaft mit guten Einzelspielerinnen und zwei starken Amerikanerinnen“, verwies er auf Waldner und Aufbau Kathleen Hill. „Die kannst du nicht durchweg auf Distanz halten.“

Entscheidend war, dass der ASC unter diesem Druck nicht einbrach, sondern zu seinem Spiel zurückfand. „Das war nach einer ganz schwierigen Trainingswoche unsere beste Saisonleistung“, befand Marschke. „Der Sieg ist auch in der Höhe verdient. Da gibt es nichts zu kritisieren, außer, dass jetzt Pause ist und wir den Schwung nicht ins nächste Wochenende mitnehmen können.“

Nach zehn Spieltagen mit einer ausgeglichenen Bilanz in die Ferien zu gehen, gefällt Dominique Liggins. „Vor einem Jahr standen wir bei sechs Siegen und fünf Niederlagen, von daher ist das ein super Zwischenergebnis“, sagte der Sportvorstand. „Und heute, das war ein toller Abschluss. Gerne mehr davon.“

Dieser Artikel erscheint mit freundlicher Unterstützung von SPORT AUS MAINZ