Der kleinen Rotation Tribut gezollt
„Führen wir wirklich?“ Stephan Winkler, derzeit vielbeschäftigter Manager der SNP BasCats und auch während eines Spiels ständig gefragt, schaute etwas ungläubig auf den Spielstand. Ja, die SNP BasCats führten nach dem ersten Viertel der Partie gegen den deutschen Pokalsieger Rutronik Stars Keltern in der Tat mit 20:13. Doch die kleine Rotation mit nur acht Spielerinnen sorgte mit zunehmender Spielzeit für einen erheblichen Kraftverlust und eine am Ende klare 57:93 (20:13, 35:44, 48:69)-Niederlage, die das Team in dieser Höhe nicht verdient hatte.
Die Voraussetzungen waren alles andere als gut. Am Donnerstag hatte sich Britta Daub eine Gehirnerschütterung zugezogen und damit fiel nach Inja Butina auch die zweite Aufbauspielerin aus. Melina Karavassilis fehlte wegen ihrer Handverletzung. Hinzu kam die fast unwirkliche und bedrückende Atmosphäre in der großen Halle des Olympiastützpunktes, in die die SNP BasCats nach der Sperrung der Hallen des Sportinstitutes ausweichen musste. Kampfgericht, Fotografen und Livestream-Kommentatoren mit Masken, keine Zuschauer, keine Trommler – so ist Basketball eben (meist) in Zeiten von Corona. Dann fiel auch noch die Spielstandanzeige in der ersten Halbzeit aus, die Ersatztafel am Kampfgerichtstisch zeigte den Spielstand falsch herum an.
Beide Aufbauspielerinnen verletzt
Durch den Ausfall von Daub musste Michala Palenickova die Herkules-Aufgabe übernehmen und den Aufbau kreieren. Gemeinsam mit Franziska Worthmann, Ieva Bagdanaviciene, Alica Moravcikova und Kyla Irwin bildete sie die Starting Five und war damit die einzige noch aus dem Vorjahr verbliebene Stammspielerin. Palenickova machte das über weite Strecken ganz ausgezeichnet. Beispielhaft war der Angriff zum 4:2, als sie ein Zuspiel von Worthmann direkt in vollem Tempo zu Kyla Irwin weiterleitete, die die erste Führung für ihr Team besorgte. Und nach einem Distanztreffer von Milica Deura sollte der folgende Dreier von Worthmann die beste Phase der SNP BasCats einleiten. Bei Keltern lief erstaunlich wenig zusammen, und Trainer Chris Hergenröther wurde laut. Doch die Heidelbergerinnen zogen stetig davon und führten zur Viertelpause 20:13. Die bärenstarke Madison Nelson, die am Ende 16 Punkte und zehn Rebounds auf dem Konto hatte, traf mit der Viertelsirene.
Michala Palenickova musste den Aufbau übernehmen. Foto: Tom Eisele
Madison Nelson mit Double-Double
Auch das zweite Viertel begann glänzend für die Gastgeberinnen. Ieva Bagdanaviciene und ein weiterer Dreier von Worthmann sorgten für die höchste Führung des Spiels (25:13). Doch Keltern kam langsam, vor allem in Person von Krystal Vaughn. Ein Freiwurftreffer von Worthmann zum 26:19 sollte für längere Zeit der letzte Punkt der SNP BasCats sein. Ein 0:16-Lauf der Gäste wendete das Blatt. Dann knickte auch noch Michala Palenickova um, so dass gar keine Aufbauspielerin mehr zur Verfügung stand. Kyla Irwin musste teilweise den Ball bringen. Mit 15:31 ging dieses Viertel verloren. Zum Glück kehrte Palenickova im dritten Viertel zurück und konnte auch einen Distanztreffer verwandeln. Zu diesem Zeitpunkt war die Partie aber fast schon entschieden. Keltern war einfach physisch zu stark und mit einer 10er-Rotation deutlich überlegen. Eine Spielerin wie Vaughn sucht in der Liga wohl ihresgleichen.
Madison Nelson hatte einen sehr guten Einstand. Foto: Tom Eisele
Die Kräfte reichten nicht
Mit 48:69 ging es ins letzte Viertel. Die Kräfte der SNP BasCats ließen nun endgültig nach. Die Ballverluste (insgesamt 29) häuften sich, es gab defensiv große Lücken und offensiv klappte immer weniger. Kyla Irwin konnte keinen einzigen ihrer zehn Dreipunkteversuche verwandeln, insgesamt war die Dreierquote mit 6/26 nicht gut. Die Trefferquote insgesamt war nur 30 Prozent. Sehr gut war die Freiwurfquote, zur Halbzeit 100 Prozent. Kämpferisch gab das Team bis zum Schluss alles, der Geist wollte, das Fleisch jedoch war am Ende bei den acht Aufrechten zu schwach.
Stenogramm: 4:5 (3.), 9:5 (5.), 16:9 (7.), 20:13 (10.), 25:13 (12.), 26:19 (13.), 26:35 (17.), 35:44 (Halbzeit), 43:54 (25.), 49:69 (30.), 54:81 (34.), 54:92 (39.), 57:93 (Endstand).
Punkte SNP BasCats: Nelson 16, Worthmann 12/3, Bagdanaviciene 12/2, Irwin 8, Moravcikova 6, Palenickova 3/1, Linder, Kleinert.
Punkte Keltern: Vaughn 21, Pokk 17/1, Cvitkovic 16/2, Mayombo 10, Mingo 9, Dura 6/1, Pavic 6, Pulk 4, Orrange 4, Mandic.
Rebounds: 41:43 (SNP BasCats/Keltern): Nelson 10, Palenickova 9, Moravcikova 7 – Cvitkovic 9, Pokk 7, Mandic 7.
Wurfquote aus dem Feld: 31,2:50%
Dreierquote: 23,1:30,8% (6/26:4/13)
Freiwurfquote: 84,6:75%
Ballverluste: 29:16
Stimmen zum Spiel:
Trainer Dennis Czygan: „Britta Daubs Ausfall war natürlich richtig schade. Für Michala ist das eine ungeliebte Position. So lange die Kraft da war, ist es bei uns gelaufen. Aber so eine kleine Rotation raubt ganz viel Kraft. Kyla ist es nicht gewohnt, 36 Minuten zu spielen, Alica stand auch 35 Minuten auf dem Feld. Die Niederlage war zu hoch. Es hat sich gezeigt, dass auch dieses Team wieder kämpfen kann, sie haben alles gegeben. Alle Mädels machen viel Spaß.“
Michala Palenickova: „Wir sind mit der Einstellung ins Spiel gegangen, dass wir nichts zu verlieren haben. Das erste Viertel war sehr gut. Aber bei der kleinen Rotation konnten wir die Aggressivität nicht durchhalten. Wir sind alle über unseren Schatten gesprungen, fast jede hat auf einer anderen Position gespielt. Aufbau ist nicht so meins, ich war nicht erfreut, Britta zu vertreten. Keltern hat viele Freiwürfe bekommen. Ich denke, jede Spielerin bei uns hat individuelle Stärken. Kampfgeist und Zusammenhalt sind wichtig. Unser Ziel sind die Play-offs.“
Michael Rappe
Beitragsbild: Kyla Irwin versuchte es vergeblich aus der Distanz. Foto: Tom Eisele