Zu viele Chancen nicht genutzt
Die hohe Anzahl vergebener Korbleger und eine vierminütige Phase am Ende des dritten Viertels kosten die Zweitligabasketballerinnen des ASC Mainz einen möglichen Erfolg gegen den MTV Stuttgart. An der Ausgangslage für die Play-downs ändert das 60:71 jedoch weniger als das Resultat einer anderen Partie zweier Abstiegsrundenkandidaten.
Mainz. Amina Befort war die erste Spielerin, die aus der Pause aufs Feld zurückkehrte, um sich einzuwerfen. „Vielleicht mache ich ja in der zweiten Halbzeit ein paar Korbleger rein…“, sagte die Akteurin des ASC Mainz, die bis zu ihrer Hochzeit vor wenigen Wochen Pinjic hieß, wie es auch noch auf ihrem Trikot steht. Mit ihrer Selbstironie benannte sie ein Manko, das die meisten ihrer Mitspielerinnen ebenfalls traf – und letztlich ein wesentlicher Faktor für die 60:71 (46:55, 34:34, 14:16)-Niederlage gegen den MTV Stuttgart war.
Zu viele vermeintlich einfache Abschlüsse hatten die Gastgeberinnen in der drittletzten Hauptrundenbegegnung der Zweiten Bundesliga schon während der ersten 20 Spielminuten nicht genutzt. „Wir hätten nach der ersten Halbzeit mit mindestens zehn Punkten führen müssen“, lautete Fernando Barrons zurückhaltende Einschätzung.
Der Coach haderte mit dem „großen Unterschied zwischen Training und Match“ – in den Übungseinheiten sei die Treffsicherheit deutlich größer als im Ernstfall. „Wir müssen es hinkriegen, das auf die Spiele zu übertragen.“
Offense braucht viel Anlaufzeit
Defensiv konnte man den Mainzerinnen, bei denen Alina Kraus nach ihrer Gehirnerschütterung erneut fehlte, die vier Wochen lang verletzt ausgefallene Charlotte Kriebel hingegen zumindest sechseinhalb Minuten lang mitwirkte, zunächst nicht viel vorwerfen. Die Gäste zur Pause bei 34 Punkten zu halten, war in Ordnung, im weiteren Verlauf hätte freilich der eine oder andere Defensivrebound mehr gutgetan.
Offensiv benötigten sie mehr Anlaufzeit. Derweil der MTV mit dem ersten Abschluss in Führung ging, brauchten die Mainzerinnen vier Würfe, bis Fanny Früauff der Ausgleich gelang. Nicht zuletzt Jordan Rabe war nicht vom Glück verfolgt: Der Dreier zum 11:11 blieb der einzige Treffer der US-Amerikanerin im ersten Viertel, bei einer stattlichen Anzahl an Versuchen.
Rabe fand ihren Rhythmus im zweiten Durchgang, in dem sie elf ihrer insgesamt 19 Punkte erzielte. Eine komplette Halbzeit auf diesem Niveau, und der ASC hätte die Begegnung durchgehend ausgeglichen oder gar mit einer Führung gestaltet.
Überhastete Abschlüsse
Des ersten kleinen Laufs der Gäste erwehrten sich die Mainzerinnen in den letzten zwei Minuten vor der Halbzeit noch erfolgreich. Beim Stand von 26:34 verwandelte Hannah Krull einen Freiwurf, Rabe steuerte einen Dreier bei, Libby Epoch nutzt einen Steal auf Höhe der Mittellinie gegen Louis Groth zum Anschlusstreffer. Und ein hohes Anspiel unters Brett verwertete Alina Dötsch zum 34:34.
Nach dem Seitenwechsel hätte es Barrons Frauen gutgetan, öfter mal das Tempo zu drosseln, statt sich auf den schnellen Schlagabtausch einzulassen, den der Tabellenfünfte suchte. Zwar blieben sie bis zum 41:44 dran, zwar gelangen ihnen auch schön herausgespielte Treffer wie Saskia Krügers Korbleger zum 36:38 nach einem mit Effet gespielten Bodenpass von Früauff und einem energischen Move, mit dem die Centerin sich ihrer Gegenspielerin entledigte.
Unterm Strich jedoch geriet das Ganze zu hektisch, die Zahl der überhasteten Abschlüsse stieg – und das schadete dem Play-down-Kandidaten mehr als den sicher in der Aufstiegsrunde stehenden Schwäbinnen.
Einbruch mit Ansage
Wer die Geschicke der ASC-Basketballerinnen in der laufenden Saison einigermaßen intensiv verfolgt hat, konnte den Einbruch erahnen, der sich zwischen der 26. und 30. Minute vollzog. Unter anderem dank zunehmender eigener Offensivreboundgewinne und sinkender Mainzer Trefferquote setzte sich der MTV in dieser Phase auf bis zu zehn Punkte ab. Und nach dem 46:55, mit dem es ins letzte Viertel ging, hatten die Gastgeberinnen dem Favoriten nicht mehr genug entgegenzusetzen, um eine Wende herbeizuführen.
„Jedes Spiel hat andere Herausforderungen“, konstatierte Barron. „Vor einer Woche in Freiburg war es flügellastig, heute haben die Guards dominiert. Wir haben mit hoher Intensität gekämpft, aber es hat leider nicht gereicht.“
Jetzt droht der Angstgegner
An der Ausgangslage des ASC hat sich durch die Niederlage nichts geändert. In den verbleibenden Hauptrundenspielen geht es um Spitzenduo nach Bad Homburg und Würzburg, wo der Trainer seiner Mannschaft („Ich liebe dieses Team“) durchaus Überraschungen zutraut. Wirklich ernst wird es erst anschließend, wenn die Play-downs anstehen.
Dass die Rhein-Main Baskets, so etwas wie der Mainzer Angstgegner, am Samstag der KuSG Leimen unterlagen, auf den neunten Tabellenplatz abrutschten und nach derzeitigem Stand der Kontrahent in der ersten K.o.-Begegnung wären, hätten sie beim ASC freilich nicht gebraucht.
Dieser Artikel erscheint mit freundlicher Unterstützung von SPORT AUS MAINZ.
Fotos: Stephan Hahne – FotoHahne.de