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Doppeltes Comeback ohne Happy End

verfasst von mainz@dbbl.de

Was ein Viertel lang nach dem nächsten Debakel aussieht, entwickelt sich zu einem packenden, hochklassigen, spannenden Spiel mit einer herausragenden Leonie Elbert. Am Ende fehlt den Zweitliga-Basketballerinnen des ASC Mainz gegen Tabellenführer Rhein-Main Basket beim 77:80 nach Verlängerung das Wurfglück. Und Alina Dötsch.

Im Anschluss an ein solches Spiel nach den Gründen dafür zu suchen, warum es so endete, wie es endete, ist einigermaßen müßig. Unmöglich ist es aber nicht – womit sich die Partie der Zweiten Basketball-Bundesliga zwischen dem ASC Mainz und den Rhein-Main Baskets auch in der Analysefähigkeit deutlich von dem eine Woche zuvor erlittenen Debakel in Bamberg unterschied.
Dafür hatten Spielerinnen und Verantwortliche keine Erklärungen gefunden, diesmal „gab es nicht den einen entscheidenden Fehler, sondern es war die Summe vieler Kleinigkeiten, die uns einen möglichen Sieg gekostet hat“, sagte Trainer Andre Negron nach dem 77:80 n.V. (67:67, 42:48, 27:33, 7:21) gegen die Rhein-Main Baskets. Das knappe Resultat, erst nach Verlängerung zustande gekommen, und die Tatsache, dass es sich beim Gegner um den Tabellenführer handelte, lassen erahnen, dass die Mainzerinnen keinen ganz schlechten Tag gehabt haben konnten.
Tatsächlich war es ein mit wenigen Abstrichen herausragend guter. „Ich bin stolz auf die Mädchen“, sagte Negron denn auch zu Recht. „Nach dem Erlebnis von voriger Woche und dem Rückstand heute nicht aufzugeben, zeugt von mentaler Stärke.“ Den Mainzerinnen gelang quasi ein doppeltes Comeback – dem nur das Happy End verwehrt blieb.

„Erstes Viertel hat uns gekillt“
Das hatte im Wesentlichen zwei Ursachen: das erste Viertel und das Fehlen von Alina Dötsch. „Ja“, bestätigte Leonie Elbert, „im Nachhinein hat uns das erste Viertel gekillt.“ Sprich, die schwache Trefferquote, aber mehr noch die lasche Verteidigungsarbeit. „In der Defense waren wir nicht aggressiv genug. Wenn wir von Anfang an so gearbeitet hätten wie in der übrigen Zeit, hätten wir das Spiel wohl gewonnen.“
Zehn Minuten hakte es nicht nur im Eins-gegen-eins, sondern auch in der Kommunikation. Mangelnde Absprachen, keine gute Rotation: Die Gäste hatten allzu häufig wenig Mühe, zu ihren Treffern zu kommen. Und die 14-Punkte-Differenz nach dem ersten Durchgang ließ befürchten, dass der ASC in die nächste Megapleite schlittert. Dass Elbert nach fünfeinhalb Minuten einen Ellbogen an den Kopf bekam und eine vierminütige Auszeit nehmen musste, machte die Sache nicht besser.

Kostadinova bringt die Energie
Mit Beginn des zweiten Viertels aber traten die Gastgeberinnen auf, als hätte ihnen jemand neue Batterien eingesetzt. Drei Minuten lang ließen sie keinen Treffer mehr zu, arbeiteten sich fürs Erste auf sechs Punkte heran und ließen sich auch nicht dadurch entmutigen, dass sich die Aufholjagd zunächst etwas mühsam gestaltete. Ganz ausschalten ließ sich die RMB-Offense um Ex-Nationalspielerin Svenja Greunke mit ihren 31 Punkten schließlich nicht.
„Die Initialzündung kam von Krissi“, sagte Negron. Kristin Kostadinova habe nach ihrer Einwechslung nicht nur viel Energie aufs Feld gebracht, sondern das gesamte Team mitgerissen. Das wirkte sich beispielsweise in der Zahl der Ballgewinne aus: 12:5 Steals wies die Statistik am Ende aus – Beleg für den Biss, den der ASC nach dem müden Auftakt an den Tag legte.
Jetzt war es ein Spiel zweier gleichwertiger Mannschaften, voller Tempo, mit schönen Spielzügen und einer regelrecht entfesselten Leonie Elbert, die ein ums andere Mal mit schnellen Passfolgen in freie Schusspositionen gebracht, aus der Distanz traf. Gerne flache, harte Dreier, notfalls auch gegen die Frau. Mit 34 Punkten übertraf sie sogar noch Greunke.

Negron hüpft vor Begeisterung
Erstmals in Führung brachte Alexandra Berry ihr Team in der 32. Minute mit zwei Freiwürfen – die Kanadierin verwandelte alle ihre acht Versuche von die Linie, wie überhaupt die Quote mit 15 von 18 ausgezeichnet war. Kostadinova erhöhte per Korbleger auf 51:48, Elbert schoss einen Dreier zum 54:50, Kendra Landy setzte mit einer Finte Jordis Wächter ein, die ihre Gegenspielerin mit einer schönen Drehung ins Leere laufen ließ und das 56:50 markierte. Und bei Elberts nächstem Dreier zum 59:50 hüpfte Andre Negron wie ein Flummi an der Seitenlinie ab. Der Coach war außer sich vor Begeisterung.
Statt des anfänglich drohenden Desasters schien nun ein beinahe sensationell anmutender Sieg möglich. „Und wir hatten viele Gelegenheiten, das Spiel zu entscheiden. Leider haben wir sie nicht genutzt“, sagte Negron später. „Wir haben ein super Spiel gemacht, aber am Ende ein paar Schüsse nicht getroffen“, sagte Kristin Kostadinova. „Auch ich nicht.“

Dötsch in der Defense vermisst
Genau betrachtet hatte der ASC schon eingangs des dritte Viertels nach zu vielen schönen Angriffe den Ball verlegt, was im Gegenzug zu Rückschlägen wie Greunkes Dreier zum 35:46 führte. Womit wir beim zweiten letztlich ausschlaggebenden Aspekt wären: Ohne die nach ihrem Nasenbeinbruch operierte Alina Dötsch fehlte den Gastgeberinnen die einzige Spielerin, die neben Berry in der Lage gewesen wäre, Greunke zu verteidigen.
Besonders deutlich wurde dies Mitte des vierten Viertels, als Berry ihr viertes Foul kassierte, Negron sie auf die Bank holte und stattdessen Amina Pinjic brachte. „So etwas ist ein Coaching-Glücksspiel“, sagte der Trainer, „viereinhalb Minuten vor Schluss lagen wir mit sieben Punkten vorne, und ich hatte die Wahl, entweder ein schnelles fünftes Foul von Ally zu riskieren oder ihr eine Pause zu geben und sie spätestens dann wieder zu bringen, wenn die Führung auf zwei Punkte schrumpft. Wenn wir dann gewinnen, heißt es: ,toll gecoacht‘…“
„Wir haben Alina vermisst, nicht nur am Ende, aber da ganz besonders“, sagte Kristin Kostadinova. „Sie ist physisch stark, und mit ihr hätten wir wahrscheinlich den einen oder anderen Rebound mehr geholt.“ Wobei das Team auch so schon die Nase knapp vorne hatte (42:38).

Zwischen „scheiße“ und „Megaspaß gemacht“
Die Verlängerung eröffnete Elbert mit ihrem achten Dreier und ließ zwei Freiwürfe zum 74:69 folgen. Dann aber schlugen die RMB zurück: Drei Punkte von Jule Seegräber, zwei von Greunke, und Pia Dietrich sorgte 65 Sekunden vor Schluss mit Korbleger plus Freiwurf für den zweiten und letzten Führungswechsel.
„So zu verlieren, ist natürlich scheiße“, sagte Leonie Elbert, „aber das Spiel hat einen Megaspaß gemacht, beide Mannschaften haben tollen Basketball geboten. Ich glaube, es hatte alles, was man als Zuschauer sehen will.“ Andre Negron sah es nicht anders. „Aber jetzt“, sagte er, „müssen wir daran arbeiten, solche Spiele auch erfolgreich zu Ende zu bringen.“

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