NBO: Klassenerhalt mit einem Abend für die Ewigkeit
Vermutlich noch bis tief in die Nacht schauten sich verdutzte Gesichter an. Was da am Samstagabend in der Halle Ost passiert ist, das passiert vielleicht einmal im Leben. Die New Baskets Oberhausen gewannen mit 88:87 (32:27; 60:60; 70:70; 78:78) nach dreifacher Verlängerung im entscheidenden Spiel um den Klassenerhalt in der 2. Basketball-Bundesliga der Damen gegen die Dolphins vom TSVE Bielefeld. Sarah Zierhut war mit 39 Punkten, 10 Rebounds, 4 Assist und 6 Steals überragende Akteurin und selbst sie hat in ihrer langen Karriere so etwas noch nicht erlebt.
NBO begann gut, Lauren Fech wurde von Zierhut in der Ecke bedient und traf gleich mal für drei Punkte. Beiden Mannschaften war die Nervosität anzumerken, NBO konnte sich jedoch auf Zierhut verlassen, die an den ersten 13 Punkten direkt beteiligt war. Dass NBO auch, als Zierhut vom Feld ging, in Führung blieb und diese sogar ausbaute, lag an der befreit aufspielenden Laura Telke. Das war in dieser Phase Gold wert, hätte später aber beinahe den Abstieg bedeutet, rettete dann letztlich aber den Klassenerhalt – wie gesagt, ein verrücktes Spiel.
NBO ging mit 19:13 in die erste Viertelpause und baute den Vorsprung im zweiten Abschnitt auf 28:20 aus. Zum Ende starteten die Bielefelderinnen allerdings noch einmal einen Lauf und kamen auf 30:27 ran, ein Korbleger von Zierhut mit Ablauf der Uhr (es sollte nicht der letzte bleiben) markierte den 32:27-Pausenstand. Bielefeld kam besser aus der Pause, der erfahrene NBO-Zuschauer weiß: „Dritte Viertel war noch nie unser Ding.“ Bielefeld ging mit 34:32 erstmals in Führung und sicherte den knappen Vorsprung bis zum Ende des Abschnitts (47:49).
Ab jetzt folgte Drama in Reinform. Das Spiel ging hin und her, keine Mannschaft konnte sich mehr als zwei Punkte absetzen, eine Minute vor dem regulären Ende traf Zierhut den Sprungwurf zum 60:58, zehn Sekunden später bekam sie ihr erstes – potenziell kostspieliges – Foul gepfiffen. Louisa Riehemann versagten jedoch die Nerven und traf nur einen der beiden Freiwürfe. Vorletzter Angriff NBO, Fechs Dreier springt raus. Letzter Angriff Bielefeld, Lya Brinkmann zieht zum Korb, Maja Manten kommt zu spät: Ausgefoult und zwei Freiwürfe für die Gäste mit acht Sekunden auf der Uhr. Brinkmann trifft den ersten, der zweite springt raus und landet in den Händen von Kristin Willms. Die dribbelt jedoch raus, statt zu werfen, die Uhr läuft ab – Verlängerung, die erste.
Bielefeld hatte den besseren Start, NBO schien die Kräfte auszugehen. Emily Enochs traf zum 64:69, klaute den Ball beim Einwurf und traf einen von zwei Freiwürfen zum Sechs-Punkte-Vorsprung rund 90 Sekunden vor dem Ende. NBO schien geschlagen, Fech gab dringend benötigte Energie und verkürzte den Rückstand auf vier. Paula Kohl nach Vorlage von Zierhut auf zwei. Nun schlotterten Bielefeld Hand und Knie und NBO bekam die Chance mit dem letzten Angriff. Zierhut attackierte über die Grundlinie und fand Telke an der Dreierlinie freistehend. Sie ging auf den Sieg, doch der Ball klatschte nur ans Metall. Enochs fing den Rebound, Fech reagierte als einzige schnell genug und stoppte per Foul die Uhr bei 1,3 Sekunden. Enochs verwarf den ersten Freiwurf, verwarf den zweiten. Zierhut geht zum Rebound hoch und wird von Brinkmann dabei gefoult. Von Brinkmann war es die kostbarste Fehlentscheidung des Jahres. Zierhut ging an die Linie und verwandelte eiskalt beide Freiwürfe zum 70:70, zur nächsten Verlängerung und zum nächsten Drama.
Es geht in die letzte Minute: Jarla Müller spielte beim Einwurf einen Pass zu Enochs statt zu Kohl. Die verwirft jedoch, der Ball landet bei Brinkmann und die wird von Kohl gefoult. Brinkmann trifft beide Versuche und bringt Bielefeld mit 78:76 in Front. Wieder hat NBO den letzten Angriff, diesmal geht Fech mit einem Distanzwurf auf den Sieg. Acht Sekunden zeigt die Uhr, da schnappt sich die an den Brettern überragende Kohl den Ball am offensiven Brett und erzwingt einen Sprungball. Die Gastgeberinnen behalten den Ballbesitz, Fech zieht zum Korb und wieder ist Kohl da, legt den Ball mit der Sirene an den Ring. Jubel und bange Blicke zu den Unparteiischen, doch die zeigen schnell an: Der Korb zählt! Also Verlängerung Nummer drei.
Zierhut gelingen die ersten Punkte, Enochs kontert zum 80:80 und trifft auch in der Folge zwei Freiwürfe. Dabei sollte es lange bleiben, bei beiden Teams war der Akku leer. Zierhut war das anzusehen, also dachte sie sich auch: Einfach werfen. Für Drei zum ersten, für Drei zum zweiten und plötzlich war NBO eine Minute vor dem Ende mit 86:82 in Führung. Willms konnte im Gegenzug viel zu einfach verkürzen, Riehemann viel zu freistehend aus der Ecke das Spiel drehen. „Wir haben ihnen ansonsten den Dreier eigentlich gut weggenommen“, findet Trainer Ralf Weßlowski. Wieder schien NBO geschlagen und diesmal war es Telke, die einen schwierigen Sprungwurf eng verteidigt zum 88:87 versenkte. Zeit für einen Angriff war noch und Enochs fand die Lücke für den Zug zum Korb. Kohl antizipierte jedoch richtig und blockte 0,3 Sekunden vor dem Ende zur endgültigen Entscheidung. Bielefeld hatte nur noch Zeit den Ball reinzutippen und da bei NBO sich niemand zu einem Foul hinreißen ließ, durfte ein denkwürdiges Spiel gefeiert werden. „Sie haben 55 Minuten intensiv und körperlich verteidigt“, zieht Weßlowski seinen Hut vor Bielefeld und ergänzt: „Wir haben aber auch die ganze Zeit dagegen gehalten.“